Stephan Templ: neue Dokumente, neue Hoffnung.

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Wien – Der Mittwoch brachte keine guten Nachrichten für den Publizisten Stephan Templ. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat eine Beschwerde Templs, der in Zusammenhang mit einem Restitutionsantrag wegen schweren Betrugs an der Republik Österreich verurteilt worden war, abgewiesen. Templ hatte versucht, eine Schadenersatzzahlung an seine Tante zu bekämpfen, die er, laut Gericht, um ihr Recht auf Naturalrestitution gebracht haben soll. Es geht um 550.000 Euro.

Für Templs Unterstützer ist der Zivilprozess, der dem höchstgerichtlichen Erkenntnis voranging, ohnehin ein "schlechter Scherz". Es habe nicht einmal ein eigenes Beweisverfahren gegeben.

Im Kern geht es um das ehemalige Sanatorium Fürth im achten Wiener Gemeindebezirk Josefstadt. Templ hatte 2002 im Namen seiner Mutter einen Antrag auf Restitution eines Anteils an dem Gebäude gestellt, das den jüdischen Besitzern (darunter seine Großeltern) von den Nazis geraubt worden war. Die Forderung wurde zuerkannt. Allerdings soll Templ dabei die Existenz einer Schwester seiner Mutter verschwiegen haben, worauf gegen ihn ein Betrugsverfahren eingeleitet wurde.

Dafür wurde er 2013 in erster Instanz zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt, unter anderem mit der (sinngemäßen) Begründung, Templ habe die Republik durch sein Schweigen geschädigt, weil seiner Mutter dadurch ein höherer Anteil zugesprochen wurde, als ihr zugestanden sei. Templs Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil wurde im März 2014 vom Obersten Gerichtshof abgewiesen. Seine Berufung gegen die Strafhöhe war dagegen erfolgreich: Das Oberlandesgericht Wien reduzierte das Strafmaß auf ein Jahr unbedingte und zwei Jahre bedingte Haft.

Nun glauben Templs Anwälte allerdings, trotz der aktuellen Niederlage vor dem OGH, genügend Gründe dafür zu haben, dass "das Verfahren gegen ihn auf der Stelle eingestellt und er sofort enthaftet wird", wie Templs Rechtsvertreter in London, Robert Amsterdam, zum STANDARD sagt. Denn: Der Entschädigungsfonds hat den Anwälten nun Dokumente übermittelt, die belegen: Der Publizist hat 2002 gleich auf drei Antragsformularen den Namen seiner Tante genannt – insgesamt sechsmal, wie der "Guardian" am vergangenen Wochenende schrieb.

Es handelt sich dabei um Anträge auf Restitution von Lebensversicherungspolizzen, die Templ im Namen seiner Mutter, seiner Großmutter und seines Großvaters ausgefüllt hat. Auf die Frage, ob es noch andere "living heirs" gebe, gab er jedes Mal den Namen seiner Tante an. Die Dokumente liegen dem STANDARD vor.

"Arrogant" und "obszön"

Aus der Sicht von Anwalt Amsterdam kann nun die Urteilsbegründung des Strafgerichts, Templ habe die Republik geschädigt, nicht mehr aufrechterhalten werden. Nicht nur, dass die Finanzprokuratur im September 2014 befand, eine Schädigung des Bundes in der Causa Templ sei "auszuschließen". Die Republik habe von der lebenden Tante wissen müssen – spätestens seit 2003, als die International Commission on Holocaust ERA Insurance Claims in Rotterdam die Anträge Templs an den Entschädigungsfonds in Wien weitergeleitet hatte.

Robert Amsterdam sieht im Fall Templ nach wie vor eine "massive Ungerechtigkeit". Und er greift Bundespräsident Heinz Fischer direkt an, auf dessen Gnadenerlass Templ gehofft habe. Der Präsident habe seine, Amsterdams, Eingabe gar nicht gelesen, behauptet der Anwalt – das sei "geradezu eine Obszönität". Und es füge sich in eine "ganze Reihe von Fällen von Holocaust-Geschädigten, denen sich die Republik Österreich gegenüber unwillig und arrogant verhalten" habe, sagte Amsterdam zum STANDARD.

Templs Wiener Anwalt hat jedenfalls noch vor Weihnachten einen Antrag auf Revision des Strafverfahrens eingebracht – mit den neu aufgetauchten Antragsformularen als Beweis für Templs Unschuld. Im Justizministerium will man sich zu dem Fall nicht äußern. Christian Pilnacek, Leiter der Strafrechtssektion, verweist auf das Oberlandesgericht Wien, das den Antrag derzeit prüfe. (Petra Stuiber, 17.2.2016)