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OMV-Chef Rainer Seele: "Wir geben zu viel aus."

Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader/Files

Wien – Was die Autofahrer seit längerem freut, zerrt mehr und mehr am Nervenkostüm der Ölmanager: Der Sturzflug der Rohölpreise von 115 Dollar je Fass (159 Liter) im vorvorigen Sommer auf unter 30 Dollar im heurigen Jänner hat die Bilanzen sämtlicher Mineralölkonzerne durchlöchert. Besonders hart getroffen hat es die OMV.

Österreichs größtes Industrieunternehmen, das 24.000 Mitarbeiter beschäftigt, hat das Vorjahr mit einem Rekordverlust von zwei Milliarden Euro beendet. Im Jahr davor war das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) noch mit 969 Millionen Euro positiv (siehe Grafik). Nun ist ein verschärfter Sparkurs angesagt.

Kein Erfolgsmodell

"Die OMV ist in ihrer jetzigen Verfassung kein Erfolgsmodell", sagte OMV-Chef Rainer Seele. Die OMV habe zu lange über ihre Verhältnisse gelebt. Seele: "Wir geben zu viel aus. Selbst im Ölpreishoch war unser Free Cashflow nach Dividenden negativ."

Dabei ist es keine fünf Jahre her, dass sich die OMV eine neue Strategie verordnet hat. Raus aus den Raffinerien, Ausbau des Gasgeschäfts, die Nordsee als neue Kernregion – das war die Losung des damaligen Generaldirektors Gerhard Roiss. Sein Nachfolger kassiert nun fast alles wieder ein.

Die von Seele vorgestellte Strategie ruht auf drei Säulen: möglichst viel Cash generieren, den Fokus auf kostengünstige Öl- und Gasreserven richten und bei der Vermarktung von Mineralölprodukten und Gas einen Gang zulegen, vor allem aber – auf mehr Profitabilität schauen.

Teure Nordsee

Viel zu teuer erkauft sei der Ausflug in die Nordsee gewesen, stellte OMV-Chef Seele bei der Präsentation der Strategie fest. Um die dort eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten, muss die OMV in den kommenden Jahren nach bereits investierten knapp drei Milliarden Euro in Summe weitere fast sieben Milliarden ausgeben. Ein Ausstieg zum jetzigen Zeitpunkt sei dennoch die schlechteste Lösung, weil dann auch das bereits investierte Geld futsch sei.

Um sich finanziell Luft zu verschaffen, kürzt die OMV die Investitionen um 40 Prozent. Gar um 60 Prozent werden die Ausgaben für Exploration und Evaluierung von Ölfeldern zurückgefahren – von 700 Millionen Euro im Jahr 2014 auf 300 Millionen im Jahr 2017.

44 Prozent Bestandsfähigkeit

Dabei will das Management nichts lieber, als die schwindenden Öl- und Gasreserven zu ersetzen. Zuletzt lag die Reserveersatzrate der OMV, die Auskunft über die Bestandsfähigkeit eines Unternehmens gibt, bei 44 Prozent. Gut aufgestellte Konzerne kommen auf 100 Prozent und mehr.

Auch die OMV will wieder dorthin, und zwar über den Umweg Russland und den Mittleren Osten. Dort könnten zu einem Bruchteil der Kosten in der Nordsee Kohlenwasserstoffe aus dem Boden geholt werden.

Der umstrittene Einstieg in Russland, den Seele heuer unter Dach und Fach bringen möchte, habe noch einen anderen Vorteil: Durch den geplanten Asset-Tausch mit Gazprom – OMV-Unternehmensteile gegen Beteiligungen an einem Gasfeld in Sibirien – müsse man sich keine Gedanken über die Finanzierung machen.

"Ausverkauf ist Schmarrn"

Das Gerede von einem Ausverkauf sei "Schmarrn", sagte Seele. Strategisch wichtige Unternehmensteile werde man sicher nicht aus der Hand geben. Die Angst vor einem Einstieg der OMV beim wichtigen Gasknoten Baumgarten sei ebenfalls unbegründet – die Russen hätten abgewunken. Die Verhandlungen mit Gazprom würden sich wohl noch einige Monate hinziehen.

Was Nord Stream II, die geplante zweite Gaspipeline in der Ostsee betrifft, rechnet die OMV als einer der Konsortialpartner in den kommenden Monaten mit grünem Licht aus Polen. Handlungsbedarf sieht Seele im Gasbereich dennoch. Mit der Komplettübernahme der Großhandelsgesellschaft Econgas, für die das Closing im zweiten Quartal 2016 erwartet wird, soll in Deutschland eine Marktoffensive gestartet werden. Ziel: zehn Prozent Marktanteil. Dabei will man auch und vor allem auf LNG zurückgreifen, das in Rotterdam regasifiziert wird. So hofft die OMV auch, die Beteiligung am dortigen Terminal nach Jahren massiver Verluste endlich ins Geldverdienen zu bringen.

Die den Aktionären für 2015 in Aussicht gestellte Dividende von 1,0 (nach 1,25) Euro je Aktie muss über Schulden bezahlt werden – wie die Gewinnausschüttungen seit 2012. Das sei das letzte Mal. Seele: "Wir wollen keine Dividende auf Pump." (Günther Strobl, 18.2.2016)