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Die irische Autorin Rachel Moran lehnt den Begriff "Sexarbeit" ab.

Foto: AP/Thomas Kienzle

Wien/Stockholm – Umfassende Reformen in der Prostitutionsgesetzgebung und vor allem Strafen für Freier nach schwedischem Vorbild fordert die am Donnerstag präsentierte Initiative Stopp Sexkauf. Es sei Zeit für einen Perspektivenwechsel, erklärte Mitbegründerin Marion Vedadinejad. Das "nordische Modell" wurde vom schwedischen EU-Abgeordneten Jens Nilsson als erfolgreich geschildert.

Seit Ende der 1990er-Jahre ist in Schweden nicht Prostitution an sich verboten – gestraft werden vielmehr die Freier. Norwegen, Island, Nordirland und Kanada hätten ähnliche Regeln, hieß es bei der Veranstaltung in der schwedischen Botschaft, die sich als Plattform angeboten hat. In Schweden evaluierte man das Gesetz im Jahr 2010.

Straßenprostitution rückgängig

Die Ergebnisse laut dem sozialdemokratischen Abgeordneten Nilsson: Die Straßenprostitution sei um die Hälfte zurückgegangen, Befürchtungen, dass die Frauen in andere, kaum sichtbare Räume wie Bordelle ausweichen würden, hätten sich nicht bewahrheitet. Die Gesetzgebung helfe auch, andere Aktivitäten krimineller Netzwerke zu verhindern. Schließlich seien Menschenhandel und "moderne Sklaverei" eng mit Prostitution verbunden. Laut Plattform sind 90 Prozent aller Prostituierten Migrantinnen und Flüchtlinge. Länder wie Deutschland und Österreich seien "Drehscheiben des internationalen Frauenhandels" geworden.

Schweden setzt auch auf Ausstiegshilfen für Prostituierte und ökonomische Unterstützung. Es gehe darum, Alternativen anzubieten, betonte Nilsson ebenso wie die irische Autorin Rachel Moran, in ihrer Jugend selbst Prostituierte. Erst dann hätten die betroffenen Frauen eine Wahl.

In Österreich werde verharmlost

Wenn in deutschen "Flatrate-Bordellen" Frauen Männer bedienen müssen, bis diese schlicht nicht mehr können, oft mehrere hintereinander – "dann sollen wir glauben, dass das ihre freie Wahl ist?", fragte Moran. Sie lehnt auch Begriffe wie "Sexarbeit" ab. "Sex ist keine Arbeit." Und Prostitution habe nichts mit Sex zu tun, denn der basiere auf Augenhöhe, die nicht gegeben sei, sobald der Mann zahle.

In Österreich werde das Thema verharmlost und verschwiegen, kritisiert die Plattform. Nach schwedischem Vorbild wird daher nicht nur ein Verbot der Zuhälterei und jeglicher "Prostitutionslokale" gefordert. Auch Werbung dafür sollte untersagt werden, zudem brauche es Ausstiegshilfen, niederschwellige Unterstützungsangebote und verbesserte Aufenthalts- und Bleiberechte für die Opfer von Menschenhandel sowie Migrantinnen, die in der Prostitution gelandet sind.

Verbote diskriminieren

Vereine, die sich hingegen für mehr Rechte von Prostituierten einsetzen, kritisieren immer wieder die durch strikte Verbote entstehende Diskriminierung. Statt gesetzliche Restriktionen fordern Vereine wie Maiz – Autonomes Zentrum von und für Migrantinnen oder Lefö – Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen, Sexarbeiterinnen in die Entscheidungen über politische Regelungen einzubeziehen. Verbote würden zu Stigmatisierungen und somit zu zahlreichen Missständen führen. Ein Verbot verhindere die Möglichkeit, der Prostitution selbstbestimmt nachzugehen, betont Renate Blum (Lefö) gegenüber dem STANDARD. "Es sollte doch unser aller Interesse sein, auch Migrantinnen vielfältige Arbeitsmöglichkeiten zu bieten, Jobs, in denen sie in Sicherheit arbeiten können und in denen sie auch gut verdienen", so Blum. Beides sei auch in der Prostitution möglich. (APA, red, 18.2.2016)