Preminger und Duke Ellington (re.) am Set von "Anatomy of a Murder" (1959).

Foto: Österreichisches Filmmuseum

Wien – Wie das Bild Otto Premingers in Hollywood bis in die Gegenwart nachwirkt, ist in einem aktuellen Film zu beobachten, in dem der gebürtige Österreicher einen einzigen Auftritt hat. Darin steigt Preminger, dargestellt vom deutschen Schauspieler Christian Berkel, vor dem Haus Dalton Trumbos aus seinem Rolls-Royce. Der Drehbuchautor, Ende der 40er-Jahre als Opfer der Kommunistenhetze auf der "Blacklist" gelandet, ist mit einem Arbeitsverbot belegt, was Preminger aber nicht daran hindert, ihm für seinen Film "Exodus" (1960) einen Schreibauftrag zu erteilen.

Er habe Paul Newman, erklärt er, aber wenige Tage vor Drehbeginn kein Buch. Sein Englisch ist so grobschlächtig wie seine Aufforderung nachdrücklich. Als zwischendurch Kirk Douglas vorbeischaut, um sich Trumbos Mitarbeit an "Spartacus" zu sichern, ist für Preminger alles klar: Trumbo bekommt nach vielen Jahren wieder einen Leinwandcredit und ist damit offiziell rehabilitiert.

Reduzierung auf Narzissmus

Der Auftritt Premingers im demnächst auch in den österreichischen Kinos zu sehenden Biopic "Trumbo" (Regie: Jay Roach) ist trotz oder gerade aufgrund seiner Reduzierung auf den Narzissmus des Schauspielers, Regisseurs und Produzenten, der seine Karriere am Theater in der Josefstadt bei Max Reinhardt begann und nach einem einzigen Film in Wien ("Die große Liebe" mit Hansi Niese und Attila Hörbiger) 1935 nach Hollywood engagiert wurde, bezeichnend.

Denn dieses Bild gibt Preminger wider, wie er sich selbst gerne präsentierte: als ein Aristokrat der alten Schule, der an die Macht des Kinos ebenso glaubte wie an seine eigene, die er damit ausüben konnte. Oder glaubte, sie ausüben zu können.

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Es wundert nicht, dass die historischen Versuche, Preminger zum "Auteur" zu befördern – dabei wie immer federführend die Franzosen der Nouvelle Vague –, sich stets auch als Verteidigungsschriften lesen. Preminger eine Autorenschaft seiner Arbeiten zuzuschreiben, ist tatsächlich eine waghalsige Angelegenheit, denn bis auf wenige Ausnahmen sind es eher Studioproduktionen, bei denen Preminger das nötige Pouvoir zur Selbstverwirklichung besaß.

Keine Gesamtwerkschau

Während seine Noir-Klassiker für die Century Fox wie "Laura" (1944) und "Fallen Angel" (1945) mit Dana Andrews bis heute von ihrer Intensität nichts eingebüßt haben, sind mittelmäßige bis schlechte Filme an einer Hand ebenfalls nicht abzuzählen. Schon deshalb ist es ein strategischer Schachzug der Retrospektive, statt einer Gesamtwerkschau nur fünfzehn ausgewählte Arbeiten zu präsentieren und sie in einem zeithistorischen Kontext mit "verwandten" Filmen anderer Regisseure zu positionieren.

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So finden sich Arbeiten von Anthony Mann ("Raw Deal", 1948), Fred Zinnemann ("From Here to Eternity", 1949) und Jean-Luc Godard ("Außer Atem", 1960) in diesem zu einer Querlektüre herausfordernden Programm – eine Aufgabenstellung, bei der filmhistorische Grundkenntnisse durchaus gefragt sind. Denn die Verbindungen zwischen den Produktionen, hergestellt über einzelne Schauspieler, Stile oder Stoffe, verlangen das Erkennen von Parallelen – und Unterschieden. Ein Vergleich, der Preminger bei seinen späteren Filmen, bei denen er auch als Produzent fungierte, des Öfteren zum Nachteil gereicht.

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Dennoch gibt es sie, Premingers Perlen, auch nach den hochgeschätzten Noir-Filmen der 40er-Jahre: Zu finden sind sie, wie echte Perlen, in einem Gehäuse, das man öffnen muss. Und dann erkennt man Premingers Gespür für die Inszenierung von theatralischen Miniaturen, etwa im Südstaatendrama "Hurry Sundown" (1967), in dem Michael Caine als Landbesitzer von seiner Gier zum Ku Klux Klan getrieben wird: Jazz vom Plattenteller, Jane Fonda auf den Knien mit seinem Saxofon zwischen den Lippen, schließlich Whiskey von Mund zu Mund. Und man weiß: Draußen bricht eine neue Zeit heran und ein Sturm fegt über Amerika. (Michael Pekler, 19.2.2016)