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256.405 Personen beziehungsweise 152.839 Haushalte bezogen im Jahr 2014 Mindestsicherung. Nun wird diskutiert, ob die Arbeitswilligkeit der Bezieher ausreichend kontrolliert wird.

Foto: dpa/gebert

Wien – Wird die Einhaltung der Spielregeln der Mindestsicherung ausreichend kontrolliert? Grundsätzlich waren sich zuletzt sowohl die rot-schwarze Regierung als auch die Länder einig, dass noch strenger sanktioniert werden könnte. AMS-Vorstand Herbert Buchinger kritisierte zuletzt im STANDARD-Interview sogar, dass "mehr als die Hälfte" der Behörden in den Ländern die Daten des AMS über Sperren beim Arbeitslosengeld gar nicht abrufe und es somit in der Folge zu keinen Kürzungen bei der Mindestsicherung komme. Eine zentrale Statistik darüber gibt es allerdings nicht.

der STANDARD hat daher einen Rundruf bei den neun Soziallandesräten in den Bundesländern gestartet. Gleich vier Bundesländer konnten überhaupt keine Zahlen liefern, wie oft sanktioniert wird: das Burgenland, Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg. Im Ländle heißt es, die schriftlichen Ermahnungen seien in der Regel ausreichend, zu Kürzungen komme es "nur in Einzelfällen".

Qualität variiert

In den restlichen Ländern variiert die Qualität der Daten stark. Die These von AMS-Chef Buchinger, wonach das AMS viel strenger sanktioniere, lässt sich aber nur eingeschränkt bestätigen.

  • Wien In der Bundeshauptstadt Wien, wo es mit Abstand die meisten Mindestsicherungsbezieher gibt, hat man die ausführlichsten Daten. Von 160.152 Beziehern im Jahr 2014 wurden 7902 sanktioniert. Die Mindestsicherung wurde in diesen Fällen also zwischen 25 und 50 Prozent reduziert. In der Regel passiert das für einen Monat. In Ausnahmefällen ist auch ein kompletter Entzug möglich. 2015 gab es schließlich 8050 Sanktionen, die endgültige Zahl der Bezieher liegt aber noch nicht vor. Seit 2011 wurden jedenfalls jeweils zwischen fünf und sechs Prozent der Bezieher gesperrt.

    Zum Vergleich: Das AMS sperrte zuletzt "nur" 967 Wiener Mindestsicherungsbeziehern wegen fehlender Arbeitswilligkeit oder der Verweigerung von Ausbildungsmaßnahmen das Arbeitslosengeld. Wie die großen Unterschiede – 8000 Sperren in der Bundeshauptstadt, nur knapp 1000 durch das AMS – erklärbar sind? Im Büro von Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) wird darauf verwiesen, dass die Stadt auch solche Mindestsicherungsbezieher sanktioniere, die erst gar nicht beim AMS gemeldet sind. Außerdem gibt es auch zahlreiche Menschen, die als nicht arbeitsfähig eingestuft werden, aber trotzdem gegen die Auflagen der Mindestsicherung verstoßen können.

  • Salzburg In Salzburg wurden im Vorjahr 818 Sanktionen bei der Mindestsicherung verhängt. 675 wegen Arbeitsunwilligkeit, 143 wegen Nichtteilnahme an Kursen. Das entspricht 9,4 Prozent der Salzburger Mindestsicherungsbezieher. Die Sanktionshäufigkeit hat in den vergangenen Jahren etwas zugenommen. 2013 wurden nur 8,3 Prozent der Bezieher sanktioniert. Die AMS-Sperren von Mindestsicherungsempfängern sind aber auch in Salzburg deutlich geringer – 2015 gab es 235.

  • Oberösterreich In Oberösterreich wurden laut dem Büro von Landesrat Reinhold Entholzer (SPÖ) zuletzt 1260 Sanktionen gesetzt. Das entspricht einem Anteil von neun Prozent der dortigen Bezieher. Der prozentuelle Anteil ist also sowohl in Oberösterreich als auch in Salzburg höher als in Wien.

  • Steiermark Nur teilweise konnte die Steiermark Zahlen liefern. Laut dem Büro von Soziallandesrätin Doris Kampus gab es im Vorjahr in mindestens 128 Fällen Kürzungen bei der Mindestsicherung. Von zwei Bezirkshauptmannschaften gab es allerdings noch keine Rückmeldungen. Angesichts von rund 25.000 Beziehern (diese Zahl gibt es wieder nur für das Jahr 2014) wird in der Steiermark aber offenbar nur sehr selten sanktioniert. Hier ist auch die These von Buchinger am ehesten belegbar. Das AMS sperrte im letzten Jahr nämlich 262 Mindestsicherungsbeziehern das Arbeitslosengeld – diese Zahl liegt also deutlich über den erwähnten 128 Kürzungen bei der Mindestsicherung.

  • Kärnten Noch spärlicher sind die Informationen aus Kärnten. Dort weiß man nur, dass im Dezember 2015 exakt 52 Leistungskürzungen vorgenommen wurden. Das deutet zumindest darauf hin, dass häufiger sanktioniert wird als in der Steiermark. In Kärnten gab es 2014 nämlich nur 5186 Mindestsicherungsbezieher.

Im Zuge des neuen Mindestsicherungsvertrags, über den gerade verhandelt wird, soll nun ein besserer Datenaustausch vereinbart werden. Einzelne Bundesländer nehmen aber bereits vorher landesgesetzliche Verschärfungen vor.

Nach Vorarlberg hat am Donnerstag auch Niederösterreich beschlossen, dass Asylberechtigte schon beim Antrag auf Mindestsicherung bestätigen müssen, Integrationsverpflichtungen einzugehen. Subsidiär Schutzberechtigte bekommen – wie zum Teil schon in anderen Ländern – keine Mindestsicherung mehr. Die Wohnbeihilfe wird in Niederösterreich auf die Mindestsicherung angerechnet, was für Kritik bei NGOs gesorgt hat. (Günther Oswald, 19.2.2016)