Am ersten Oktober konnte das junge Start-up Nextbit auf einen Erfolg anstoßen. 500.000 Dollar wollte man auf Kickstarter sammeln, um ein eigenes Android-Handy produzieren zu können. Robin, das "smartere Smartphone", schlug ein. 1,36 Millionen Dollar kamen letztlich zusammen.

Unüblich für derlei ambitionierte Unterfangen wurden die ersten Geräte vor kurzem fast pünktlich zum geplanten Releasetermin ausgeliefert – auch an die Redaktionen mancher US-Medien. Und diese stellen Nextbits Erstling ein positives Zeugnis aus, allerdings mit einigen Abstrichen.

Foto: Nextbit

Verschränkt mit der "Wolke"

Das große Versprechen von Robin ist nicht die Hardware selber, sondern die Verzahnung des Systems mit dem eigenen Clouddienst von Nextbit. Das Handy selbst bietet einen Onboard-Speicher von 32 GB. Jeder Käufer erhält dazu aber auch noch 100 GB Speicher in der "Wolke".

Dieser kann allerdings nicht beliebig verwendet werden, sondern ist zweckgebunden. Robin hinterlegt dort ältere Fotos und länger nicht mehr verwendete Apps samt all ihrer Einstellungen. Diese werden vom Telefon selber gelöscht, um Platz zu sparen. Wenn benötigt, werden die Daten automatisch zur Verfügung gestellt.

Solide Hardwareausstattung

In puncto Komponenten präsentiert sich das "Rotkehlchen" solide. Das Herz bildet eine Snapdragon 808-Hexacore-CPU, wie man sie etwa auch im LG G4 findet. Sie darf auf drei GB RAM zugreifen. Auf der Vorderseite sitzt ein 5,2-Zoll-Display mit 1080p-Auflösung. Vorinstalliert ist Android in der aktuellsten Version 6.0 "Marshmallow".

Das Smartphone beherrscht WLAN 802.11ac, Bluetooth 4.0, 3G, LTE und NFC. Zur einfacheren Entsperrung gibt es einen im Einschaltknopf integrierten Fingerabdruckscanner. Die rückseitige Kamera liefert eine Auflösung von 13 Megapixel, frontseitig sind es 5. Der 2.680-mAh-Akku ist Quickcharge-fähig. Für den Alltag sollte das Handy damit gut gerüstet sein.

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Unisono loben die Tester die Verarbeitung des Kunststoff-Gehäuses, ebenso wie das sehr eigenständige Design des Gerätes, das aus der Masse hervor sticht. Engadget stellt weiters dem Fingerabdruckscanner ein gutes Zeugnis aus, der gut erreichbar ist und sehr zuverlässig arbeitet. Dafür sind die zwei Tasten zur Lautstärkeregelung allerdings nur schwer ertastbar, da sie sehr flach am Gehäuse anliegen.

Adaptiertes Android 6.0

Die Android-Oberfläche hat Nextbit weitestgehend unangetastet gelassen. Bei Menüs und Overlays hat man die Farben angepasst und das eigene Pastellblau ins Spiel gebracht. Eine größere Änderung dürfte Puristen aber missfallen: Es gibt keinen Appdrawer. Sämtliche Programm-Icons müssen also auf den eigenen Homescreens verteilt oder in Ordnern untergebracht werden. Immerhin lassen sie sich dort in drei Kategorien (angepinnte Apps, archivierte Apps, alle Apps) ein- und ausblenden.

Performancetechnisch schlägt sich das Smartphone so, wie man es von der Hardware erwarten darf, erklärt The Verge. Mit den meisten Apps und Spielen gibt es keinerlei Probleme, nur bei grafisch sehr anspruchsvollen Games kann das Gerät gelegentlich Schluckauf bekommen.

Automatischer Abruf von Cloudinhalten

Stellt sich die Frage, wie sich Robin in puncto seiner Kernfunktion schlägt. Erreicht der interne Speicher ein gewisses Limit (laut The Verge einen freien Speicherbestand von weniger als 2,1 GB), räumt es auf. Länger nicht verwendete Apps nebst Daten sowie ältere Fotos werden dann in die Nextbit-Cloud übertragen.

Der Nutzer kann dabei wählen, ob er ein solches Backup nur via WLAN oder auch über mobiles Breitband durchführen möchte und ob das Handy dabei am Strom hängen muss. Backup-Aktivität zeigt das Gerät durch das Aufleuchten eines LED-Streifens auf der Rückseite an.

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Fotos werden dabei nicht vollständig gelöscht, sondern verbleiben ans verkleinerte, auf die Displayauflösung optimierte Kopie am Gerät. Möchte man sie bearbeiten oder Hineinzoomen, werden sie wieder abgerufen, was schnell und problemlos funktionieren soll.

App-Wiederherstellung: Zuverlässig, aber langsam

Hochgeladene Apps werden durch ein ausgegrautes Icon gekennzeichnet. Auch sie müssen samt ihrer Daten und Einstellungen vor einem Start downgeloadet werden. Dies funktioniert ebenso und tatsächlich merken sich Mediaplayer ihre Playlist und Spiele ihre Speicherstände, sodass nahtlos fortgesetzt werden kann.

Da manche Programme aber recht groß sind, dauert es mitunter mehrere Minuten, bis sie heruntergeladen und wieder installiert worden sind. Hat man gerade keine flotte Verbindung oder steht unter Zeitdruck, ist diese Lösung problematisch, bemängelt CNet. Wer wichtige Apps permanent am Gerät behalten möchte, kann sie aber durch eine einfache Geste vor der Entfernung bewahren. Das ist mitunter auch sinnvoll, weil Programme gar schnell an die Spitze der Backup-Warteschlange rutschen können.

Nichtsdestotrotz liefert Nextbit, was man versprochen hat – und das in einer soliden Umsetzung. Es tun sich allerdings einige unbeantwortete Fragen auf. So wird nicht jeder seine App-Daten einem neuen Start-up anvertrauen wollen und außerdem ist ungeklärt, wie man diese abruft, sollte man auf ein anderes Gerät umsteigen oder was passiert, sollte das Unternehmen pleite gehen.

Foto: Nextbit

Kritik an Kamera und Akkulaufzeit

Die Hardware präsentiert sich leistungstechnisch zwar grundsolide, ist aber nicht frei von Makeln. Das Display ist gut, der Sound in vielen Fällen auch. Wenig gefallen finden die Kritiker allerdings an der Kamera. Diese macht unter Tageslicht zwar brauchbare Bilder, kämpft aber mit langer Auslösezeit. Nextbit hat mit einem für April angekündigten Update hier Besserung versprochen.

Auch die Akkulaufzeit könnte laut den Reviews besser sein. Mit einer vollen Ladung kommt man grundsätzlich über den Tag, aber nicht viel weiter. Das hardwareseitig sehr ähnlich ausgestattete Nexus 5X kommt auf merklich bessere Laufzeiten.

Fazit

400 Dollar (derzeit rund 361 Euro) vor Steuern verlangt Nextbit für sein erstes Smartphone. Damit liegt es in der gleichen Preisklasse, wie andere Geräte mit ähnlichen Spezifikationen. Letztlich stellt sich die Frage, wie viele Interessenten sich für die Cloud-Integration begeistern lassen. In wohl weiser Voraussicht hat Nextbit die erste Produktionscharge von Robin nur mit wenigen tausend Stück bemessen. (gpi, 28.02.2016)