Die Nomenklatur unserer Speisen ist irreführend: Frankfurter Würstl oder Wiener Würstchen.

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Die Herkunft, heißt es, sei vor allem jenen wichtig, die sonst nichts haben, auf das sie stolz sein könnten. Diese Behauptung findet sich im aktuellen Rechtsruck vieler Europäer bestätigt, sie ist ein alter Hut. Aber auf seltsame Weise kontaminiert dieser dürftige Stolz nun sogar das Tierreich. Heimische Bauern fordern eine Herkunftsbezeichnung des Fleisches in den Speisekarten unserer Restaurants. Quasi den Arierausweis fürs Frankfurter Würschtl im (braunen) Saft. Und da beginnt das Problem.

Denn die Nomenklatur unserer Speisen ist schrecklich irreführend. Unwahrscheinlich ist es, dass in so einem Frankfurter Würstl tatsächlich ein mit Frankfurter Meldezettel im Schlachthaus ums Leben gebrachtes Schweinchen verarbeitet ist. Außerdem: Sprechen wir von Frankfurt an der Oder oder von jenem am Main? Umgekehrt kann sich kein Frankfurter, egal welcher, der Authentizität seines Wiener Würstchens sicher sein. Oder denken wir an die vielen Hamburger, die täglich in den Gourmettempeln der USA verinnerlicht werden, allesamt Fälschungen.

Aber bleiben wir unter uns. Schon die Namensgebung vieler Speisen erscheint wie ein Minenfeld mit Fallstricken. Nicht nur, dass sie die Herkunft verschleiert, schon im Bereich der Zutaten herrscht reine Willkür und wird gelogen, was des Himmels Blau hergibt. Der Zigeuneranteil im Zigeunerschnitzel geht gegen null, im Hemd ist kein Mohr, kein Kardinal in der Schnitte, kein Cevap im cici. (Da ist der Ringfinger des Lehrlings Zlatko M. noch wahrscheinlicher).

Doch die Konsumenten haben sich daran gewöhnt, belogen zu werden. Sie sind zwar angefressen, aber das liegt nicht an der Bezeichnung der Speisen, sondern an den zugeführten Mengen. Die Forderung der Bauern wird deshalb von den Endverbrauchern kaum unterstützt. Die Herkunft der Tiere interessiert nicht. Ob ein Rind aus Niederösterreich oder Afrika stammt, ist den meisten wurscht. Und man kann es irgendwie nachvollziehen. Kommt es doch da wie dort von einem schwarzen Bauern. (Karl Fluch, 20.2.2016)