Es gehört zu den Gepflogenheiten der internationalen Diplomatie, sich nicht zu innenpolitischen Vorgängen in einem anderen Land zu äußern, zum Beispiel ein Wahlresultat zu kommentieren. Das könnte als Missachtung der Souveränität interpretiert werden. Wieso hält sich dann Papst Franziskus nicht an diese Usance? Wieso kritisiert er den Populisten Donald Trump, der massiv Stimmung gegen Immigranten macht, indem er sich für eine unüberwindbare Mauer an der Grenze der USA zu Mexiko ausspricht? Stellt das denn keine unlautere Einmischung in innenpolitische Vorgänge dar?

Nein – der Papst erfüllt nicht nur die politische Rolle eines Staatsoberhauptes, sondern spricht auch als moralische Instanz für 1,2 Milliarden Katholiken weltweit. Franziskus' Kritik ist keine politische Einmischung, sondern ein religiös-ethisches Statement. Es ist ein Partei-Ergreifen für jene, die benachteiligt werden: die Flüchtlinge, die Armen.

Gerade das Oberhaupt einer Religion, die sich dem Schutz der Schwachen verpflichtet fühlt, darf hier nicht schweigen – es gilt nicht nur ein Lippenbekenntnis abzulegen, sondern als Christ zu handeln. Auch wenn es manchen ungehörig erscheinen mag. Und dass er auch mutig-unkonventionell sein kann, zeigte der Papst überraschend mit seiner Aussage im Zusammenhang mit der Zika-Epidemie in Lateinamerika: Demnach sei künstliche Verhütung nämlich neuerdings "nichts absolut Böses". (Gianluca Wallisch, 19.2.2016)