Ljubljana/Zagreb/Athen/Ankara – In Mazedonien hat man Angst, dass Bilder von Gewalt zwischen Flüchtlingen und der Polizei an der Grenze künftig das Image des Landes prägen könnte. Kroatien fürchtet, Flüchtlinge könnten die Touristen an der Adriaküste verschrecken. Und Slowenien verfällt regelmäßig in tiefe Sorge, dass vom Norden und Süden Migranten in das kleine mitteleuropäische Land drängen und dort "stecken bleiben" könnten.
Alle diese Ängste prägen die Flüchtlingspolitik auf der Balkanroute seit Monaten. Allerdings reden die Politiker intensiv miteinander und alle Staaten außer Griechenland und Deutschland wollen die Route schließen oder zumindest drastisch einschränken. Am Donnerstag fand ein Treffen der Polizeichefs der Region statt. Es soll dafür gesorgt werden, dass wirklich nur mehr jene Flüchtlinge in den Norden reisen können, die nach Österreich rein dürfen, damit Österreich und Slowenien nicht vermehrt Flüchtlinge zurückschieben müssen.
Denn dies kann Konflikte schaffen. Serbien verweigerte etwa diese Woche, eine Gruppe von Migranten aus Kroatien zurückzunehmen. Die Meldung von Freitag, wonach Serbien seine Grenze gesperrt habe, wurde von den Behörden dementiert. Doch Kontrollen und Registrierungen würden an allen Grenzen strenger durchgeführt. In Slowenien betont man, dass man kein Zielland für Flüchtlinge werde, obwohl es mehr Asylanträge von aus Österreich zurückgewiesen Flüchtlingen gebe.
Angst vor Asylanträgen
In Slowenien haben seit Beginn der Flüchtlingskrise erst 150 Personen um Asyl angesucht. Im Falle eines massiven Rückstaus können aber durchaus ein paar Tausend Flüchtlinge in Kroatien und Slowenien untergebracht werden.
Die Flüchtlingszahlen von den Inseln in der Ostägäis zeigten in den vergangenen Tagen bemerkenswerte Schwankungen: Von Freitag vergangener Woche bis zum Montag dieser Woche blieben sie klein. Die türkische Küstenwache war zur selben Zeit sehr aktiv. Allein am Montag griff sie 985 Migranten in Ayvalik, Çesme und Bodrum auf. Doch dann erreichte der Flüchtlingsstrom plötzlich Rekordhöhen von 4611 Menschen in Schlauchbooten am Mittwoch und 4824 am Donnerstag. Der türkische Premier hatte zu diesem Zeitpunkt seine Teilnahme am EU-Gipfel wegen des Terroranschlags in Ankara abgesagt.
Neue Abteilung in der Türkei
Die türkische Regierung weist ihrerseits auf neue Anstrengungen hin, den Strom von Flüchtlingen zu regulieren und gegen Schlepper vorzugehen. So wurde etwa Anfang des Monats eine neue Abteilung für die Bekämpfung von Menschenschmuggel geschaffen. Strafen für Schlepper sollen verschärft werden. Derzeit drohen ihnen in der Türkei bei einer Verurteilung drei bis acht Jahre Gefängnis. Im vergangenen Jahr fassten die türkischen Sicherheitskräfte 4471 Schlepper, dreimal mehr als 2014.
Von Jahresbeginn bis zum 15. Februar fasste die türkische Küstenwache 8550 Migranten, die illegal das Land über den Seeweg zu verlassen versuchten. Dabei wurden auf dem Meer auch 190 Schlepper festgenommen. Im Februar kamen bis Donnerstag 27.555 Migranten in Griechenland an.
Wie die zunächst drei Milliarden Euro ausgegeben werden sollen, die Ankara von der EU als Hilfe für Flüchtlinge erhält, ist auch drei Monate nach dem Beschluss des Aktionsplans nicht geklärt. Das erste gemeinsame Arbeitstreffen zur Umsetzung des Plans war am Mittwoch in Brüssel. (Adelheid Wölfl Markus Bernath, 21.2.2016)