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Der türkische Premier Ahmet Davutoğlu im November 2015 bei einem Besuch in der Nato-Zentrale in Brüssel. Es häufen sich die Warnungen an Ankara, sich nicht blind auf die Allianz zu verlassen.

Foto: Reuters / François Lenoir

Ankara/Genf/Moskau – Luxemburg mag nicht eben die größte Streitmacht in der Nato stellen – rund 1000 Mann sind es gerade einmal –, doch politisch zählt das Wort des luxemburgischen Außenministers Jean Asselborn durchaus. Auf einen automatischen Beistand der Allianz braucht die Türkei bei einer etwaigen Intervention in Syrien nicht zu rechnen, sagte Asselborn. Die Beistandsgarantie gelte nur, "wenn ein Mitgliedstaat in eindeutiger Weise angegriffen wird", erinnerte der Außenminister in einem Gespräch mit dem Spiegel.

Asselborn und seine anderen Nato-Kollegen haben vor allem den Konflikt zwischen der Türkei und Russland im Auge. Die russische Armee hat aufseiten des syrischen Regimes im Krieg eingegriffen und bombardiert Rebellen, die wiederum von der Türkei unterstützt werden. Nach dem Terroranschlag auf Militärbusse in Ankara am Mittwoch macht die politische Führung in der Türkei aber Druck. Sie will eine Intervention im Nachbarland. Außenminister Mevlüt Çavuşoglu plädiert für einen Bodeneinsatz, gemeinsam mit den Verbündeten.

Artilleriebeschuss geht weiter

Die Türkei intensivierte ihre seit fast einer Woche andauernde Bombardierung von Kurdenstellungen in der nordsyrischen Provinz Aleppo. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte gab es in der Nacht zum Donnerstag die schwersten Bombardements seit dem Beginn der Angriffe auf die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) und deren Hauptgruppe YPG. Erstmals beschoss die türkische Armee demnach auch die kurdische Stadt Afrin und tötete zwei Zivilisten.

Für den Terroranschlag in Ankara machte die Regierung ein angebliches Mitglied der syrisch-kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) verantwortlich. Zumindest in regierungskritischen Medien in der Türkei wurden am Freitag Zweifel an der Identität des Selbstmordattentäters laut. Der Umstand, dass der junge Mann zur Tatzeit Ausweispapiere bei sich trug, wurde verwundert zu Kenntnis genommen. In seiner angeblichen Geburtsstadt Amude in Nordsyrien soll sein Name unbekannt sein.

PYD und PKK dementieren

Der Ko-Vorsitzende der syrischen Kurdenpartei PYD, Salih Müslim, stellte in Abrede, dass seine Partei und deren militärischer Arm den Anschlag verübt hätten. Er kenne den Namen des angeblichen Attentäters auch nicht, so Müslim. Auch Cemil Bayik, ein Führer der türkisch-kurdischen PKK, wies laut kurdischen Medienberichten den Vorwurf zurück, seine Organisation sei an diesem Terroranschlag beteiligt gewesen.

Schlussendlich bekannten sich am Freitag die "Freiheitsfalken Kurdistans" (Tak) auf ihrer Webseite zum Attentat. Die Gruppe, die als eine Splittergruppe der PKK gilt, drohte zudem mit weiteren Attentaten.

Der Uno-Sonderverhandler für Syrien, Staffan de Mistura, hat indes die Wiederaufnahme der Genfer Friedensgespräche bis zum geplanten Termin ausgeschlossen. "Ich kann realistisch betrachtet nicht zu neuen Gesprächen am 25. Februar in Genf einladen", sagte er zu Svenska Dagbladet. Man werde aber nicht aufgeben.

Dennoch trafen am Freitag Militärvertreter von USA und Russland in Genf zusammen, um über die bis dato nicht umgesetzte Waffenruhe in Syrien zu beraten, Details wurden nicht bekannt. Auf der internationalen Münchner Sicherheitskonferenz war Ende vergangene Woche Einvernehmen über eine Waffenruhe ab diesem Freitag hergestellt worden. Allerdings wurde dieses Vorhaben von Anfang an torpediert und in Zweifel gezogen: So erklärte der syrische Präsident Bashar al-Assad schon vor Tagen, niemand sei in der Lage, innerhalb einer Woche die Voraussetzungen für eine Feuerpause zu schaffen.

Russland rügt Assad

Der russische Uno-Botschafter Witali Tschurkin nahm Äußerungen Assads, ganz Syrien zurückerobern zu wollen, zum Anlass für eine deutliche Warnung Richtung Damaskus: "Russland hat sich sehr ernsthaft eingebracht, politisch, diplomatisch – und jetzt auch militärisch", wird der Diplomat von der Zeitung Kommersant zitiert. Assad müsse auf die russischen Interessen Rücksicht nehmen, wenn er weiter auf Moskau als Verbündeten zählen wollte. Ohne Russland werde Assad nicht in der Lage sein, "würdig" aus der Krise zu kommen, sagte Tschurkin. "Ich hoffe, dass Damaskus es versteht, dass dies die einzige Chance für Syrien ist, nach fünf Jahren unaufhörlicher Zerstörung."

Saudi-Arabien will laut Außenminister Adel al-Jubeir Oppositionsgruppen in Syrien Boden-Luft-Raketen zur Verfügung stellen. Im Spiegel sagte er, diese Waffen würden es der gemäßigten Opposition ermöglichen, "Hubschrauber und Flugzeuge des Regimes auszuschalten". (mab, Reuters, red, 19.2.2016)