All-in-Verträge waren wie Packerln, deren Inhalt niemand kennt. Nun soll es mehr Transparenz geben.

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Wien – Spätestens seit der Nationalratswahl 2013 sind All-in-Klauseln in Arbeitsverträgen ein hochemotionales Thema. Von Arbeitnehmervertretern wird insbesondere kritisiert, dass sich solche Vereinbarungen wie eine "Seuche" ausbreiten würden. Dabei sei für die Arbeitnehmer nur schwer ermittelbar, wie viele Überstunden durch das All-in-Gehalt abgegolten sind. In vielen Fällen würde diese "Mogelpackung" zu einer unterkollektivvertraglichen Entlohnung führen. Die Wirtschaftskammer hält dem entgegen, dass Arbeitnehmer das (gleichbleibende) All-in-Gehalt auch in jenen Monaten erhalten, in denen sie keine oder nur wenige Überstunden leisten.

In den Koalitionsverhandlungen setzte sich die SPÖ erfolgreich für mehr Transparenz bei All-in-Verträgen ein. Unter diesem Titel wurde im Regierungsübereinkommen die "ziffernmäßige Ausweisung des Grundlohns" beschlossen. Bei Fehlen dieser Angabe sollte ein "angemessener" Grundlohn gelten (einschließlich der branchen- bzw. ortsüblichen Überzahlung des KV-Mindestgehalts).

Dieses Regierungsvorhaben wurde schließlich Ende 2015 durch eine Novelle zum Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (Avrag) umgesetzt. In Zukunft muss der Dienstzettel bzw. der Dienstvertrag auch die "betragsmäßige Höhe des Grundgehalts oder -lohns" angeben (§ 2 Abs 2 Z 9 Avrag).

Der Verweis auf den einschlägigen Kollektivvertrag genügt hingegen nicht mehr. Unter "Grundgehalt" bzw. "Grundlohn" ist das Entgelt für die Normalarbeitszeit zu verstehen, also ohne allfällige Überstunden. Die Neuregelung gilt für alle Verträge, auch wenn sie kein All-in-Gehalt vorsehen.

In der Praxis ist nun große Unsicherheit darüber entstanden, ob bei All-in-Vereinbarungen auch das kollektivvertragliche Mindestgehalt als Grundgehalt vereinbart werden darf. An sich sollte dies nicht zweifelhaft sein, war doch das erklärte Ziel der Novelle bloß eine Verbesserung der Transparenz für All-in-Verträge.

Dem wurde durch die – von Teilen der Lehre bereits nach alter Rechtslage vertretene – Pflicht zur Angabe des Grundgehalts Rechnung getragen. Für die Rechtspraxis stand bisher außer Frage, dass bei All-in-Vereinbarungen für die Normalarbeitszeit auch das KV-Mindestgehalt vereinbart werden durfte.

Vergleichbares Niveau

Nach der Meinung eines prominenten Arbeitsrechtsexperten soll dies nun offenbar nicht mehr zulässig sein. Franz Schrank argumentiert mit der ebenfalls neu in das Gesetz eingefügten Regelung des § 2g Avrag. Danach besteht bei fehlender Angabe (!) des Grundgehalts im Dienstzettel bzw. Dienstvertrag ein gesetzlicher Anspruch auf jenes Grundgehalt, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gezahlt wird (einschließlich der branchen- und ortsüblichen Überzahlungen).

Auch wenn im Wortlaut dieser Bestimmung nichts auf eine inhaltliche Vorgabe für die Höhe des Grundgehalts hindeutet, vermeint Schrank einen solchen Hinweis in den Gesetzesmaterialien zu finden. Tatsächlich wird dort in zwei Sätzen auch der Gesundheitsschutz als Grund für die Neuregelung erwähnt. Unmittelbar danach findet sich jedoch der Verweis auf das im Regierungsprogramm enthaltene Transparenzgebot für All-in-Verträge.

Vor diesem Hintergrund können aus der Neuregelung der Pauschalentlohnung durch § 2g Avrag jedoch keine Schlüsse auf inhaltliche Vorgaben für das Grundgehalt gezogen werden. Eine derart wichtige Regelung hätte jedenfalls einer klaren gesetzlichen Anordnung bedurft. Auch in Zukunft muss daher die Vereinbarung des kollektivvertraglichen Mindestgehalts als Grundgehalt zulässig sein.

Allerdings ist zu erwarten, dass dies Arbeitnehmer bei den Gehaltsverhandlungen nicht ohne weiteres akzeptieren werden. Letztlich wird also das neue Transparenzgebot den Druck auf die Unternehmen erhöhen, bei All-in-Gehältern ein "angemessenes" Gehalt auch für die Normalarbeitszeit anzubieten.

Je höher das Grundgehalt ist, desto weniger Überstunden werden durch ein bestimmtes All-in-Gehalt abgegolten. Dass eine Reduktion von Überstunden auch dem Schutz vor "Burn-out" dient, war offenbar ein vom Gesetzgeber mitkalkulierter Nebeneffekt des neuen Transparenzgebots. (Andreas Tinhofer, 24.2.2016)