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Der Brenner liegt inmitten der EU: Auch daran erinnerte eine Antigrenzkontrollen-Demo am Samstag.

Foto: EPA / Jakob Gruber

Wien/Rom – Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zeigt sich "überrascht": Mit der "Heftigkeit der Kritik" beim Brüsseler Gipfel Ende vergangener Woche an den Beschlüssen Österreichs, Obergrenzen für den Flüchtlingszuzug einzuführen, habe er nicht gerechnet, sagte er im Interview mit der "Kleinen Zeitung".

Natürlich sei es das Recht der EU-Kommission, die österreichischen Beschlüsse, jährlich nur 37.500 Asylanträge anzunehmen und in Spielfeld täglich nur ein Kontingent von 80 Asylantragstellern ins Land zu lassen, juristisch zu prüfen, betonte der Kanzler.

Was Österreich verkraften kann

Doch die Kommission müsse auch verstehen, dass Österreich bei gleichbleibend hohen Asylantragszahlen Mitte 2016 "deutlich über der Flüchtlingszahl wäre, die wir als Land mit allen nötigen Integrationsschritten verkraften können". Was fehle, seien funktionierende EU-weite Lösungen.

Tatsächlich wird der Flüchtlingsstreit innerhalb der EU zunehmend bilateral geführt. So etwa zwischen Italien und Österreich. Am Samstag hatten rund 200 Menschen, vor allem aus Südtirol, am Brenner gegen die geplanten österreichischen Grenzkontrollen eine Menschenkette gebildet. Wie berichtet, soll auf dem Pass zwischen beiden Staaten ein mit Spielfeld vergleichbares, auch mit Rückweisungen einhergehendes Grenzmanagement eingeführt werden.

"Nein" zu Mauern

Die Demonstration, an der unter anderen auch der Landeshauptmann der italienischen Provinz Trentino, Ugo Rossi, teilnahm, richte sich nicht gegen Österreich, betonten deren Initiatoren. Vielmehr solle ein entschlossenes Nein zu Mauern als "einem Symptom des Mangels an europäischer Politik" ausgedrückt werden.

Kritik an Österreich selbst kam stattdessen aus Rom: "Sollte es wirklich zu einer sogenannten Brenner-Mauer kommen, besteht die konkrete Gefahr, dass unsere Nordgrenze zu einem Lampedusa des Nordens wird", warnte der für Migrationsfragen zuständige Staatssekretär Domenico Manzione in der Tageszeitung Il Mattino. Es sei möglich, "dass die Balkanroute zu einer komplett italienischen Adria-Route" werde.

Balkan-Ausweichroute

Das Grenzmanagement am Brenner sei vor allem wegen der Ausweichbewegungen der Flüchtlinge auf der Westbalkanroute von Slowenien nach Italien nötig, sagte darauf ein Innenministeriumssprecher zum STANDARD. Menschen, die über Spielfeld nicht mehr nach Österreich gelassen werden – etwa, weil sie weder in Österreich noch in Deutschland, sondern in Schweden Asyl beantragen wollen –, würden über den Brenner kommen.

Am Sonntag kündigte Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) indes an, beim Treffen der Landeschefs der Europaregion Tirol/Südtirol/Trentino am Montag in Rom bei Italiens Innenminister Angelino Alfano für die Grenzkontrollen "Verständnis für die österreichische Situation wecken" zu wollen und "deutliche Forderungen an Italien" zu richten. (Irene Brickner, 21.2.2016)