Berlin/Wien – Großes Aufsehen, aber nicht eine ebensolche Zustimmung hat die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) mit ihrem Vorschlag ausgelöst, den akuten Mangel an Berliner Grundschullehrern mit österreichischen Kräften auszugleichen. "Berlin braucht sich da keine großen Hoffnungen machen, bei uns fündig zu werden. Österreich braucht seine Pädagogen schon selber", sagt der Vorsitzende der Pflichtschullehrer-Gewerkschaft, Paul Kimberger, zum STANDARD.

Zwar herrsche in Österreich kein solcher Engpass wie in Berlin, aber auch hierzulande gingen in den kommenden zehn bis zwölf Jahren 50 Prozent der Lehrer in Pension. Zudem, so Kimberger, sei die Integration und Ausbildung von Flüchtlingskindern "eine zusätzliche Herausforderung."

Kritik an Abwerbeaktion

Diese besteht auch in der deutschen Hauptstadt. Und dort gibt es eben auch noch einen akuten Mangel an Grundschullehrern – in diesem Jahr fehlen allein 1.000. Daher plant jetzt die Berliner Bildungssenatorin, in österreichischen und auch niederländischen Gefilden zu wildern. Ab dem Frühjahr will sie in großen Anzeigen für einen Ortswechsel werben.

Neu ist diese Idee nicht. Schon vor einiger Zeit, als Berlin das Personal ausgegangen ist, suchte man händeringend in anderen deutschen Bundesländern nach Lehrern. "Revierwechsel gefällig? Kohle gibt's auch bei uns", lautete damals der Slogan für Nordrhein-Westfalen. Jetzt, so witzelte der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), werde es wohl bald "Küss die Hand, gnä' Schüler" heißen.

Peinlich findet Doreen Siebernik vom Landesverband Berlin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Abwerbeaktion. "Mit diesem Versuch will die Senatorin doch nur von ihrem eigenen Versagen ablenken", sagt sie. Denn der Lehrermangel in Berlin sei ja nicht von einem Tag auf den anderen entstanden.

Höhepunkt der Pensionswelle

Berlin erlebe gerade den Höhepunkt der Pensionswelle. "Das Land Berlin hat es versäumt, für genügend Nachwuchs zu sorgen", kritisiert Siebernik.

Linken-Bildungssprecherin Regina Kittler verweist auf eine Anfrage ihrer Fraktion aus dem Jahr 2013. Schon damals sei der Mangel "eklatant" gewesen. Grundsätzlich habe die Linke natürlich nichts gegen Zuwanderung aus Österreich. So sieht es auch ihre Kollegin der Grünen-Fraktion, Stefanie Remlinger: "Natürlich können gerne Österreicher kommen. Aber von diesem Abwerbewettbewerb halte ich nichts. Berlin muss seine Lehrer schon selber ausbilden." (bau, 21.2.2016)