Evo Morales' Beliebtheitswerte waren schon einmal wesentlich besser.

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La Paz – Die Bolivianer haben laut Prognosen bei einem Referendum am Sonntag eine vierte Amtszeit für den linksgerichteten Präsidenten Evo Morales abgelehnt. Die Regierung bezeichnete die Vorhersagen aber als verfrüht. Die noch nicht ausgezählten Stimmen auf dem Land, in der indianischen Urbevölkerung und im Ausland könnten das Blatt noch wenden. Morales selbst gab an, "auf eine Niederlage vorbereitet" zu sein.

52,3 Prozent der Befragten hätten gegen die für ein weiteres Mandat erforderliche Verfassungsänderung gestimmt, 47,7 Prozent dafür, berichtete der private Fernsehsender ATB unter Berufung auf Nachwahlbefragungen. Der Sender Unitel gab die Zahl der Nein-Voten mit 51 Prozent und die der Ja-Voten mit 49 Prozent an.

Die Auszählung der Stimmen ging nur sehr langsam voran. Am Montagmorgen hieß es auf der Internetseite des amtlichen Plurinationalen Wahlorgans (OEP) nach Auszählung von 27 Prozent der abgegebenen Stimmzettel, es gebe 63,5 Prozent Nein- und 36,5 Prozent Ja-Stimmen.

Ausgang der Abstimmung laut Vizepräsident noch unklar

Der bolivianische Vizepräsident Alvaro Garcia sagte während einer Pressekonferenz in La Paz stellvertretend für Morales, es sei "sehr wahrscheinlich, dass sich die Zahlen noch radikal ändern". Die beiden Sender hätten weder die Stimmen der Auslandsbolivianer berücksichtigt, noch diejenigen der Menschen in den abgelegenen Gebieten, wo es eine "breite Unterstützung" für die Regierung gebe.

Es scheine auf ein Unentschieden hinzulaufen, deshalb müssten die amtlichen Ergebnisse des Obersten Wahlgerichts (TSE) "mit Geduld" abgewartet werden, sagte García. Die Opposition solle sich nicht zu früh freuen. Das Oberste Wahlgericht will die Ergebnisse nach eigenen Angaben "in einigen Tagen" veröffentlichen.

"Bolivien hat Nein gesagt", erklärte der Gouverneur von Santa Cruz, Rubén Costas, einer der Führer der Opposition, nach Bekanntgabe der Prognosen. Samuel Doria Medina, der Morales zwei Mal bei Präsidentschaftswahlen unterlag, sprach von einem "Sieg des Volkes": "Heute ist das Projekt, Bolivien in einen Einparteienstaat zu verwandeln, gescheitert."

Morales bei Niederlage nicht enttäuscht

Morales erklärte indes in einem Interview der spanischen Zeitung "El País" (Montag) und des britischen Wirtschaftsblatts "Financial Times", er sei auf eine Niederlage vorbereitet. Er werde nicht enttäuscht sein. "Angesichts der Errungenschaften werde ich (bei einer Niederlage) glücklich und zufrieden in mein Dorf zurückkehren", sagte der Präsident in dem Interview, das vor der Abstimmung geführt worden war. "Ich hätte Lust darauf, ein führender Manager im Sport zu werden."

Etwa 6,5 Millionen Einwohner des südamerikanischen Landes, in dem Wahlpflicht herrscht, waren zu der Abstimmung aufgerufen. Hinzu kommen rund 300.000 Bolivianer im Ausland. Die Teilnehmer des Referendums sollten entscheiden, ob Morales im Jahr 2019 für eine vierte Amtszeit kandidieren darf oder nicht. Der lange Zeit hoch angesehene Politiker hatte selbst mit einer Zustimmung von 70 Prozent gerechnet.

Erster indigener Politiker

Morales kam 2006 als erster indigener Politiker durch eine demokratische Wahl an die Spitze des Andenstaats und wurde anschließend zwei Mal im Amt bestätigt. Für ein weiteres Mandat ist eine Verfassungsänderung erforderlich, bisher sieht die Verfassung nur zwei Amtszeiten vor. Morales' erste Wahlperiode wird nicht mitgezählt, weil die Verfassung damals in der derzeitigen Form noch nicht in Kraft war.

Der ehemalige Kokabauer und Gewerkschafter Morales hatte sich in der Bevölkerung zuletzt mit diversen Affären unbeliebt gemacht. So soll der 56-jährige Präsident unter anderem seine Ex-Freundin, die 28-jährige Gabriela Zapata, begünstigt haben. Zapata gehört zur Führungsriege des chinesischen Unternehmens CAMC, das mit der bolivianischen Regierung Verträge in einem Wert von umgerechnet mehr als einer halben Milliarde Euro abgeschlossen hat.

Morales, dessen Partei Bewegung für den Sozialismus (MAS) sich als Interessenvertretung der Armen versteht, wies die Vorwürfe zurück und erklärte, dies sei alles eine Erfindung der US-Botschaft, die diese pünktlich zum Referendum lanciert habe. (APA, 22.2.2016)