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Deutschlands Innenminister Thomas de Maizière wird wegen Österreichs Maßnahmen zunehmend ungeduldig.

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Die österreichisch-deutsche Grenze bei Passau im Jänner.

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Berlin/Wien – Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière (CDU) droht Österreich mit Konsequenzen, wenn es weiter Flüchtlinge nach Deutschland durchwinkt. "Wenn andere glauben, zusätzlich Lasten auf Deutschland abzuladen, werden wir das auf Dauer nicht hinnehmen", sagte de Maizière am Sonntag der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin".

Österreich hat eine Obergrenze von 80 Asylanträgen pro Tag eingeführt. Gleichzeitig sollen bis zu 3.200 Flüchtlinge täglich nach Deutschland durchgeschleust werden können. Das sei "das falsche Signal", sagt de Maizière, die Zahl sei viel zu hoch. "Wir akzeptieren das nicht, und deswegen ist darüber zu reden." Das werde am Donnerstag im Rat der EU-Innenminister geschehen.

Mikl-Leitner: "Durchwinken beginnt in Griechenland"

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wies die neuerliche Kritik zurück. Deutschland sende völlig unterschiedliche Signale aus, sagte sie am Montag der APA. Deutschland könne nicht den Griechen weiter eine Politik der offenen Grenzen zusichern und gleichzeitig von Österreich verlangen, alle aufzuhalten, die nach Deutschland wollen. Deutschland müsse sich entscheiden, und es müsse klar gesagt werden: "Das Durchwinken beginnt in Griechenland."

Was an der EU-Außengrenze verabsäumt werde, könnten die Länder entlang der Balkanroute nicht auf Knopfdruck stoppen, sagte die Innenministerin. Sie gebe de Maiziere, den sie als "guten und wichtigen Partner" bezeichnete, jedenfalls dahingehend recht, dass die Außengrenze geschützt werden müsse: "Da muss endlich mehr passieren."

Auch Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hat sich am Montag in Wien gegen die Kritik aus Deutschland gewehrt. Auch er sprach von Widersprüchlichkeiten: Einerseits wolle man keine Einschränkungen des Zustroms, andererseits empfinde man die 3.200 wieder als zu hoch.

Österreich gesprächsbereit

Sollte Deutschland wünschen, dass Österreich weniger als die derzeit festgelegten 3.200 Flüchtlinge nach Deutschland durchlässt, möge es das sagen, sagte Mikl-Leitner. Österreich sei dann "gerne gesprächsbereit". Grundsätzlich gelte aber, dass Deutschland sich entscheiden müsse.

Dass Österreich selbst das Tageslimit von 80 Asylanträgen an der Südgrenze aufstockt, schloss Mikl-Leitner aus: "Das ist nicht denkbar." Vielmehr würden weitere Schritte notwendig werden, um angesichts der jährlichen Obergrenze von 37.500 Anträgen das Limit noch einmal zu senken.

Deutscher Flüchtlingskoordinator gegen Obergrenze

Der deutsche Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier lehnt jedenfalls Tageskontingente in Deutschland ab. Das sei eine "technische Frage", die "heute und morgen nicht auf der Tagesordnung steht", sagte Altmaier am Montag dem Bayerischen Rundfunk. Im Augenblick sei maßgeblich, dass weniger Flüchtlinge nach Europa kommen.

Eine solche Obergrenze fordert die bayrische CSU – auch dann, wenn die von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) favorisierten Verhandlungen mit der Türkei Erfolg haben sollten. "Allein diese internationalen Maßnahmen werden voraussichtlich nicht reichen", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt".

Außengrenzschutz per Nato-Einsatz

Merkels Parteikollege de Maizière erhöhte indes auch den Druck auf die anderen EU-Länder. Für europäische Maßnahmen gegen die Flüchtlingskrise blieben nur 14 Tage Zeit, sagte er der ARD. Die nächsten zwei Wochen seien entscheidend.

Alle Länder seien sich einig, dass der Außengrenzenschutz mit der Türkei Priorität habe. Das bedeute Frontex-Einsatz und Nato-Einsatz und heiße auch, dass Flüchtlinge in die Türkei zurückgeschickt würden. In den kommenden beiden Wochen müsse sich erweisen, wie wirksam das sei. Dann seien andere Maßnahmen entbehrlich.

Andernfalls müsse man über andere "europäische Maßnahmen" nachdenken. "Gegebenenfalls muss dann der Schutz für den Schengenraum an einer anderen Grenze durchgeführt werden", so de Maizière.

Italien appelliert an Österreich

Solche bilateralen Lösungen innerhalb des Schengenraums, vor allem die Grenzkontrollen zwischen Österreich und Italien, kritisierte die italienische Regierung. Premier Matteo Renzi machte am Montag Druck auf Österreich, damit es die Brennergrenze nicht schließt. Das wäre "absolut falsch in der Substanz und auch im symbolischen Wert", sagte Renzi bei einer Pressekonferenz.

"Dass der Brenner, ein Symbol der europäischen Integration, zum Symbol der Schließung wird, wäre ein Stich ins Herz der Europäischen Union", warnte Renzi. Er habe aber die Hoffnung, bis zum nächsten EU-Gipfel eine Lösung zu finden. "Es wird jedoch nicht einfach sein. Ich hoffe, dass sich alle ernsthaft engagieren werden, damit es zu einer Lösung für die österreichische Frage kommen kann."

Ähnlich äußerte sich Innenminister Angelino Alfano: "Die Schließung der Grenzen als Weg zur Lösung der Flüchtlingsproblematik ist reine Illusion", sagte er nach Angaben italienischer Medien. Alfano drängt auf eine rasche Umsetzung der EU-Abkommen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Unter anderem müssten die Flüchtlinge unter alle EU-Länder verteilt werden. "Migranten ohne Recht auf Verbleib in Europa sollen heimgeführt werden." (APA, 22.2.2016)