Eine gesamteuropäische Lösung für die Flüchtlingskrise, eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik – das ist laut einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung der Wunsch von 79 Prozent der befragten Bürger für das derzeit drängendste Problem der EU. Andererseits sieht sich die EU gerade mit nationalistischen Bewegungen konfrontiert, die sich in einigen Ländern auf der Straße und in konkreter Politik bemerkbar machen.
Den Rufen zur Rückkehr zu mehr Nationalstaat, gar zum Ende der EU, wird vermehrt besorgt begegnet. So merkt die Philosophin und Publizistin Isolde Charim skeptisch an, dass diejenigen, die ein solches Ende fordern, verkennen würden, "dass der Nationalstaat keine Lösungen für die Krisen zu bieten hat. Keines der anstehenden Probleme ist national zu lösen."
Europäische Werte, europäische Regelungen
Dass Polizisten und Zollbeamte derzeit als "Lösung" der Flüchlingskrise wieder an den europäischen Grenzen zu sehen sind, stellt nicht nur symbolisch eine der wichtigsten Errungenschaften der europäischen Integrationspolitik in Frage: Das grenzenlose Reisen. Ein konsequentes Aussetzen des Schengener Abkommens würde laut der EU-Kommission einen Schaden von sieben bis 18 Milliarden Euro im Jahr bringen. Gewaltige "ökonomische, politische und soziale Kosten" wären die Folge. Es ist aber gerade dieses Abkommen, das die EU-Bürger laut Bertelsmann Stiftung nach dem gemeinsamen Binnenmarkt als wichtigste Errungenschaft der Europäischen Gemeinschaft ansehen. Gemeinsam mit dem Binnenmarkt, dem freien Warenverkehr, der Dienstleistungsfreiheit und dem freien Kapital- und Zahlungsverkehr gehört die Reisefreiheit zu den vier ursprünglichen Grundfreiheiten der Europäischen Union.
Wie sieht Ihr Europabild aus?
Was bedeuten diese Vereinbarungen für Sie? Wie nehmen diese Regelungen konkreten Einfluss auf Ihr Leben? Basiert das gemeinschaftliche Europa Ihrer Meinung nach noch auf ähnlichen Vorstellungen und einer gemeinsamen Basis? Was müsste sich ändern, damit das Gefühl der Dauerkrise beendet wird? Müsste man, wie es in einem Essay der Süddeutschen Zeitung heißt, eine "europaweite Pro-Europa-Partei" gegründet werden, mit einem "einheitlichen europäischem Programm und einem Namen in allen Ländern"? (jmy, 4.3.2016)