Wahrscheinlich sollte hier Österreich nachziehen: Im Jahr 2002 wurde die Vorsorge-Koloskopie in das gesetzliche Krebsfrüherkennungs-Programm in Deutschland aufgenommen. Zwischen 2003 und 2012 sank deshalb die altersstandardisierte Darmkrebs-Neuerkrankungsrate in Deutschland um rund 14 Prozent, wie Wissenschafter im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) jetzt berechnet haben.

Der Rückgang zeigte sich am stärksten in den Altersgruppen ab 55 Jahren, in denen in Deutschland die Untersuchung angeboten wird. Die altersstandardisierte Darmkrebs-Sterblichkeit sank um fast 21 Prozent bei Männern und sogar um über 26 Prozent bei Frauen.

"Die Darmspiegelung ist Früherkennung und zugleich echte 'Krebsvorsorge', da eventuell entdeckte Krebsvorstufen direkt bei der Untersuchung entfernt werden können", hieß es in einer Aussendung des DKFZ (Heidelberg). Zwischen 2003 und 2012 nahmen 20 bis 30 Prozent der Anspruchsberechtigten dieses Angebot wahr.

Hermann Brenner und seine Kollegen vom DKFZ haben jetzt gemeinsam mit Wissenschaftern vom Krebsregister Saarland und der Universität Lübeck untersucht, ob und in welchem Umfang die Vorsorge-Koloskopie bereits zehn Jahre nach ihrer Einführung Wirkung zeigt.

Weniger Neuerkrankungen

Da sich Kolonkarzinome in den meisten Fällen sehr langsam über viele Jahre entwickelt, wird der volle Effekt der Präventionsmaßnahme erst längerfristig zum Tragen kommen. Doch schon zwischen 2003 und 2012 sank die altersstandardisierte Neuerkrankungsrate in Deutschland um 13,8 Prozent bei Männern und um 14,3 Prozent bei Frauen. Die altersstandardisierte Darmkrebs-Sterblichkeit sank um 20,8 Prozent bei Männern und sogar um 26,5 Prozent bei Frauen.

Der starke Rückgang an neu diagnostizierten Darmkrebs-Fällen betraf selektiv die Altersgruppen ab 55 Jahren. Zuvor war die Neuerkrankungsrate über mehrere Jahrzehnte angestiegen, erst im Untersuchungszeitraum kam es zur Trendumkehr.

In den Altersgruppen unter 55 Jahren, denen die Vorsorge-Untersuchung nicht angeboten wird, war dagegen kein vergleichbarer Rückgang der Neuerkrankungen zu beobachten. Die beobachteten Muster sprächen dafür, dass die Vorsorge-Darmspiegelung ganz wesentlich dazu beiträgt, die Darmkrebs-Neuerkrankungsrate und Sterblichkeit in Deutschland zu senken.

Österreich reagiert nicht

Ein in Vorarlberg über sieben Jahre hinweg durchgeführtes Darmkrebs-Screeningprogramm per Koloskopie hat bereits Menschenleben gerettet und Leid erspart. Eine flächendeckende Ausweitung ist aber bisher in Österreich ausgeblieben. In Österreich erkranken pro Jahr rund 4.350 Menschen an Dickdarmkrebs. In Vorarlberg haben Ärztekammer, Gebietskrankenkasse und Bundesland (Spitalserhalter) 2007 ein solches Programm etabliert. Daran nahmen 21 Prozent der Versicherten aus der Zielgruppe der über 50-Jährigen teil. Die Zahlen bis Ende 2013 wurden gemeinsam ausgewertet.

Die Ergebnisse waren gut, wie es im Juni vergangenen Jahres bei einer Pressekonferenz in Wien hieß. Während vor dem Programm in Vorarlberg etwa jeder zweite Dickdarmkrebs bei der Diagnose bereits metastasiert war, war in dem Programm für drei Viertel der Patienten mit gefährlichen Darmpolypen die Sache mit dem Abtragen bei der Koloskopie erledigt. 1,3 Prozent hatten ein Frühkarzinom, 0,5 Prozent bereits Darmkrebs. Doch selbst die echten Karzinomerkrankungen wurden zu 70 Prozent im Frühstadium festgestellt. (APA, 22.2.2016)