Wien – Das Amt der Vizebürgermeisterin hat Renate Brauner (SPÖ) nicht mehr inne. Langweilig wird der Wiener Finanz- und Wirtschaftsstadträtin wohl trotzdem nicht werden: Die Arbeitslosigkeit befindet sich auf einem Rekordniveau. Wien wächst, und die tausenden Einwohner, die jährlich in der Bald-zwei-Millionen-Metropole dazukommen, brauchen Jobs, Wohnungen, Bildungsplätze und Infrastruktur. Der Schuldenstand der Stadt liegt bei rund 5,8 Milliarden Euro. Von der im Stabilitätspakt vorgesehenen Nullneuverschuldung ab 2016 ist die Stadt weit entfernt.
Brauner verspricht sich deshalb viel von den ab März anstehenden Verhandlungen zum Finanzausgleich, der eine wesentliche Einnahmequelle für die Stadt darstellt. Es sei der "größte Brocken" bei den Aufgaben für das Jahr 2016, sagt ihr Sprecher, Ferdinand Pay, zum STANDARD. Die Stadträtin hofft auf zusätzliche Zahlungen durch den Bund.
Aufgabenorientierter Ausgleich
Brauner fordert einen aufgabenorientierten Finanzausgleich, will heißen: Wo die Leistung passiert, soll das Geld hinfließen. Das soll Vorteile gegenüber dem jetzigen System – dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel – bringen, bei dem die Gemeinden je nach Einwohnerzahl mehr oder weniger Geld aus dem Topf der Staatseinnahmen bekommen.
Das Ziel des Finanzressorts sei es, so Brauners Sprecher, diesen aufgabenorientierten Finanzausgleich zumindest für Teilbereiche durchzusetzen – etwa den Pflegebereich oder die Kindergärten.
Geld für wachsende Regionen
Brauner könnte damit "durchaus Gehör" beim Finanzministerium finden, sagt Wirtschaftsforscher Nikolaus Graf im Gespräch mit dem STANDARD. Denn es mache in Bereichen wie Integration, Kinderbetreuung oder Wohnen Sinn, Geld in wachsende Regionen fließen zu lassen. Schwieriger könnte es bei der Pflege werden, da die städtischen mit ländlichen Strukturen nicht vergleichbar seien.
Die Verhandlungen dürften insgesamt zäh ausfallen, spielen doch die Interessen von Bund, Ländern und Gemeinden mit hinein, und diese seien zum Teil "diametral entgegengesetzt", sagt Graf: "Die Gefahr, dass man in einzelnen Bereichen unterliegt, besteht immer."
Investieren statt sparen
Wie berichtet will die Stadträtin auch weiterhin an ihrer Linie festhalten, zu investieren. Um das Investitionsniveau aufrechtzuerhalten, müsse an der Struktur gespart werden, sagt Pay. Neben der Gesundheitsreform wolle man "in kleinen Schritten" auch andere Bereiche überarbeiten – also etwa Gremiumsabläufe vereinfachen oder "One-Stop-Shop-Verfahren" für Betriebsanlagengenehmigungen einführen.
Das solle vor allem belebend auf die Wirtschaft wirken. Unternehmern sollen "weniger Steine in den Weg gelegt werden", sagt Pay. Außerdem solle Wien als Wirtschafts- und Industriestandort attraktiver werden – auch international: Brauner übernahm mit der Neuauflage von Rot-Grün in Wien auch die Auslandsagenden der Stadt und den Compress-Verlag.
Aktive Arbeitsmarktpolitik
Investitionsanreize zu setzen und Unternehmen anzusiedeln empfiehlt auch Experte Graf als Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit. Er plädiert außerdem für eine aktive Arbeitsmarktpolitik: "Lohnsubventionen sind klüger als Finanzierung von Arbeitslosigkeit." Es sollten also Anreize gesetzt werden, damit die vorhandenen Beschäftigungsangebote auch angenommen werden.
Mit dem Rechnungsabschluss 2015, der im Juni präsentiert wird, legt Brauner erstmals einen Subventions- sowie einen Beteiligungsbericht vor. Damit reagiert sie auf Kritik der Rathaus-Opposition, die ihr Intransparenz im Budget vorgeworfen hatte.
Neue Budgetplanung
Mit dem Budgetvoranschlag für 2017 will die Stadträtin kommenden November eine neue Form der Budgetplanung, die auf drei Jahre angelegt ist, präsentieren.
Die Stadtwerke inklusive der Wiener Linien musste Brauner mit Rot-Grün II an Kollegin Ulli Sima (SPÖ) abgeben. Das Thema begleitet sie aber auch weiterhin: Sie wird die zweite Ausbaustufe der U-Bahn-Linie 5 bis zur Station Elterleinplatz mitverhandeln. (Oona Kroisleitner, Christa Minkin, 23.2.2016)