Das politisch-gesellschaftliche Leben in Österreich dominierten nach 1945 nicht die Widerstandskämpfer und NS-Opfer, sondern Kriegsteilnehmer und Exnazis. Zudem herrschten im bald einsetzenden Kalten Krieg andere Interessen, die etwa zur Instrumentalisierung und Vereinnahmung von Altnazis sowie zu einseitigen Darstellungen von Widerstandsaktivitäten führten, die den jeweiligen ideologischen Gegner ausklammerten. Erst langsam entwickelte sich eine seriöse historische Forschung an den Zeitgeschichteinstituten – vor allem aber trug die Gründung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW) im Jahr 1963 zu intensiverer Beschäftigung mit dem noch immer umstrittenen Thema bei.

Das DÖW entstand auf Initiative ehemaliger Verfolgter diverser politischer Richtungen, weder Linke noch Konservative konnten darin eine Deutungshoheit über den Kampf gegen das NS-Regime beanspruchen. Linke Parteien und Gruppen waren bereits seit dem Februar 1934 in Opposition zum Austrofaschismus – der sich allerdings von der Nazidiktatur wesentlich unterscheidet. Die dem "Bürgerkrieg" folgende Emigration schwächte den innerösterreichischen Widerstand, zudem nahm durch den großen Anteil an NS-Anhängern und Mitläufern der Kampf Formen eines Bürgerkriegs an.

Details dazu hat der ehemalige wissenschaftliche Leiter des DÖW, Wolfgang Neugebauer, bereits in diversen Publikationen und Artikeln veröffentlicht, jetzt ist sein Standardwerk zu diesem Thema, Der österreichische Widerstand 1938-1945 (Edition Steinbauer, 2015), neu aufgelegt worden. Darin beschreibt er die Rolle der sozialistischen und kommunistischen Organisationen, jene des christlichen und monarchistischen Lagers ebenso wie überparteiliche Gruppen (etwa O5), den Partisanenkampf der Kärntner Slowenen und jenen im Salzkammergut sowie Widerstand und Ungehorsam im Militär, in den KZs und jenen unzähliger Einzelpersonen. Am Donnerstag stellt er das Buch vor, dann Diskussion. (dog, 22.2.2016)