Der hohe Dieselanteil in Österreich verschärft das Problem mit der schlechten Luft.

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Wien – Es sind zwar noch knapp vier Jahre, bis 2020 eine neue, strengere Richtlinie zu Emissionshöchstmengen in der EU die bestehende alte ersetzen soll. Dennoch gehen die Wogen in Österreich bereits jetzt hoch. Und das kommt nicht von ungefähr.

Die Verhandlungen für eine Novelle der Richtlinie zu den nationalen Emissionshöchstmengen (NEC) befinden sich in der Endphase. Wie es aussieht, wird Österreich trotz Protesten der Wirtschaft und Teilen der Bauernschaft eine Verschärfung mittragen müssen. Zumindest teilweise sind die Probleme hausgemacht.

Bremsaktion

Zusammen mit Ländern wie Polen oder Bulgarien gehörte Österreich von Anfang an zu den größten Bremsern strengerer Vorschriften zur Luftreinhaltung. Bis zum Schluss habe Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) versucht, die Richtlinie, speziell aber die spezifischen Vorgaben für Österreich abzuschwächen, sagen Insider. Sie führen dies auf starkes Lobbying seitens der Wirtschaft und Teilen der Bauernschaft zurück.

Rupprechter habe die Vorschläge der EU-Kommission als zu ambitioniert zurückgewiesen, sei aber selbst lange Zeit einen Gegenvorschlag schuldig geblieben. Erst zwei Tage vor der entscheidenden Ratssitzung im Dezember habe Rupprechter einen eigenen Vorschlag an die niederländische Ratspräsidentschaft geschickt – wohl in der Hoffnung, dass das so akzeptiert werden würde, wie manche mutmaßen.

"Rechtliche Schritte"

Allein, es war zu spät, die Ratspräsidentschaft konnte auf den Vorschlag nicht mehr eingehen. So wurden die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Werte für Österreich beschlossen. Minister Rupprechter kündigte "rechtliche Schritte" sowie Nachverhandlungen mit dem EU-Parlament an. Weil die EU-Parlamentarier bereits avisiert haben, dass sie den Ratsbeschluss für wenig ambitioniert halten, dürfte Rupprechter dort wenig ausrichten können.

Die Grünen haben jedenfalls in der Vorwoche eine parlamentarische Anfrage zum Vorgehen Rupprechters in dieser Causa eingebracht. Umweltsprecherin Christiane Brunner findet es "skandalös, wie versucht wird, Maßnahmen, die der Gesundheit dienen, zu torpedieren", wie sie dem STANDARD sagte.

7000 vorzeitige Todesfälle

Berechnungen zufolge sind allein in Österreich gut 7000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr auf Luftverschmutzung zurückzuführen. Dafür verantwortlich sind neben Feinstaub insbesondere auch Stickoxide und Ozon. Weil schlechte Luft vor Grenzen nicht haltmacht, kann das Problem nur auf EU-Ebene gelöst werden, sind sich Experten einig. Vieles ist aber dennoch hausgemacht. Deshalb macht es auch Sinn, nationale Emissionshöchstgrenzen zu definieren.

Ammoniak und Stickoxid

Ammoniak etwa gilt, zumindest indirekt, als Hauptquelle für den besonders gefährlichen Ultrafeinstaub PM2,5. Um die Vorgaben zu erfüllen, würde es laut EU-Kommission reichen, wenn zehn Prozent der österreichischen Betriebe ihre Güllelager abdecken und auf eine bodennahe Gülleausbringung umstellen würden.

Beispiel Stickoxid (NOx): Österreich hat schon jetzt größte Mühe, die bestehenden Emissionsobergrenzen einzuhalten; bei einer Verschärfung der Vorgaben wäre es noch um vieles schwerer. Hauptgrund dafür ist der hohe Dieselanteil. Das hängt wieder mit der steuerlichen Begünstigung des Kraftstoffs zusammen, den aber die Wirtschaftskammer mit Zähnen und Klauen verteidigt. (Günther Strobl, 23.2.2016)