Wien – Mit dem rastlosen Maestro Valery Gergiev verbindet die Wiener Philharmoniker eine interessante, punktuell wechselvolle Geschichte. Da gab es schon Tourneen mit recht harschen Kritiken als Begleitmusik; nun hat man sich wieder angenähert. Gergiev, mit seinem Mariinsky Orchestra ein grandioser Verfechter einer impulsiven und doch filigranen Musizierhaltung, ist nun auch bei den Münchner Philharmonikern Chef. Ein spannender Typ, auf dessen Ideen man wohl doch nicht verzichten mag.

Beim Philharmonischen kredenzte der Russe, der gerne mit dem Zahnstocher dirigiert, quasi als Vorbereitung auf die kommende Tournee ein Mischprogramm aus Modest Mussorgski, Olga Neuwirth und Richard Wagner. Am Dienstag ist man in Budapest, ab Freitag für ein paar Tage – zum traditionellen Wochenende – in New York. Sodann geht es nach Naples (Florida), schließlich auch nach Bogotá und São Paulo.

Mussorgskis Vorspiel zur Oper Chowantschtschina erreichte im Wiener Musikverein die Antennen der Anwesenden durchaus delikat und klangsensibel. Olga Neuwirths Masaot/Clocks without Hands hätte sicher von dieser behutsamen Kunst der Ausbalancierung von Instrumentalgruppen profitiert. Dennoch: Auch der impulsive Zugang konnte dem raffinierten Werk helfen, aus dem bisweilen folkloristische tonale Elemente emportanzen, um ins Dickicht der modernen Gesten abzutauchen. Eine bemerkenswerte Komposition, emotionsgeladen umgesetzt vom Auftraggeber – den Wiener Philharmonikern.

Die Ausschnitte aus Wagners Götterdämmerung hätten allerdings dann doch entschieden mehr an Sorgfalt im Detail statt einer herzhaften Suche nach Opulenz und grell-expressiven Höhepunkten vertragen. Immerhin Siegfrieds Tod und Trauermarsch hatte Ausgewogenheit, während der Schlussgesang der Brünnhilde zum wilden Ungefähr geriet und aus Sängerin Heidi Melton, die tapfer gegen die Orchesterwogen ankämpfte, punktuell – ohne Selbstverschulden – eine Art "Brüllhilde" machte. (Ljubisa Tosic, 22.2.2016)