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Eine HIV-Infektion lässt sich zwar behandeln, aber nicht heilen. Deutsche Forscher haben nun eine Methode entwickelt, die vielversprechend sein könnte. Bis zu den ersten Tests an Patienten wird es aber wohl noch dauern.

Foto: APA/EPA/RITCHIE B. TONGO

Hamburg/Dresden – Deutsche Forscher haben einen Gentherapie-Ansatz gegen HI-Viren erfolgreich im Labor getestet. Die Wissenschafter entwickelten eine Genschere, mit der sie das Erbgut von HI-Viren aus infizierten Zellen von Patienten herausschneiden. Dies könnte die Therapie möglicherweise in einigen Jahren bereichern.

Das Problem von HIV ist, dass der Erreger seine eigene Erbgut-Information ins Genom menschlicher Zellen einbauen kann. Die antiretrovirale Therapie bewirkt, dass sich die Viren kaum noch vermehren, aber Proviren können damit nicht bekämpft werden. Die Virus-DNA, die in das Genom der Wirtszelle integriert ist, soll nun mit dem neuen Ansatz angegriffen werden.

Über die Arbeit berichtet das Team um Joachim Hauber vom Hamburger Heinrich-Pette-Institut und Frank Buchholz von der Technischen Universität Dresden im Fachblatt "Nature Biotechnology". "Diese Forschung ist verheißungsvoll", sagt Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen Aids-Hilfe.

Erhöhtes Krebsrisiko

Konkret konnten die Wissenschaftler das Enzym Brec1 (broad-range recombinase 1) entwickeln, das die Viren-DNA im Erbgut infizierter Zellen erkennt und präzise herausschneidet, und die Enden wieder zusammenfügt. Die große Herausforderung dabei war, eine DNA-Schere zu entwickeln, die einen möglichst großen Anteil der wandelbaren HI-Viren erkennt und gleichzeitig keine anderen Abschnitte im menschlichen Erbgut angreift.

Die Forscher testeten die Genschere an sogenannten CD4-Zellen des Immunsystems. Zellschädigende Effekte beobachteten sie nach eigenen Angaben nicht. Dennoch sei der Ansatz mit Risiken verknüpft, die sorgfältig gegen die Vorteile abgewogen werden müssten, betont das Team. Trage etwa eine Zelle Erbgut von zwei oder mehr Proviren, könnte die Genschere auch dazwischenliegende DNA entfernen – mitunter wichtige Gene, die etwa vor Krebs schützen könnten. Allerdings hätten Untersuchungen ergeben, dass dies eher selten sei.

Noch nicht am Menschen getestet

Nun streben die Forscher eine erste Studie an Menschen in Hamburg an, die an wenigen HIV-Patienten die Sicherheit des Ansatzes prüfen soll. Allerdings mahnen sie vor übertriebenen Hoffnungen: "Selbst fortgeschrittene Behandlungskombinationen können möglicherweise nicht jedes infizierte Zellreservoir erreichen", schreiben sie.

"Das ist zwar noch Grundlagenforschung, aber es wurde präklinisch an den besten verfügbaren Modellen getestet", kommentiert Boris Fehse vom Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg, der nicht an der Studie beteiligt war. Die genutzten CD4-Zellen des Immunsystems seien zwar nicht das einzige, aber das Hauptziel des Aids-Erregers. Studien an Patienten könnten – sofern alles gut laufe – fünf bis zehn Jahre dauern, schätzt Fehse.

Mit Blick auf angedachte Studien am Menschen ergänzt der Referent der Deutschen Aids-Hilfe: "Die Frage ist: Wen nimmt man da? Man braucht Menschen, die auch gewillt sind, für die Forschung Risiken einzugehen." (APA, dpa, red, 23.2.2016)