Dresden – Ein internationales Wissenschafterteam hat in Europa eine neue Schlangenart entdeckt. Eigentlich gelten die europäischen Wirbeltiere als recht gut erforscht, daher kam dieser Fund umso überraschender. Das Reptil war zwar bereits zuvor bekannt, doch hielt man es bisher für eine Unterart. Nun konnten die Biologen nachweisen, dass die Iberische Ringelnatter eine eigenständige Spezies darstellt.
Die Ringelnatter (Natrix natrix) ist in Europa weit verbreitet; in Österreich ist das für den Menschen harmlose Tier mit dem charakteristischen hellen Halsring die häufigste Schlangenarten – auch wenn ihre Bestände in den vergangenen Jahrzehnten stellenweise empfindliche Einbußen hinnehmen musste. "Vielleicht liegt es an dieser Häufigkeit, dass es auch bezüglich ihrer Taxonomie eine Vielfalt an Meinungen gibt", sagt Uwe Fritz, Direktor der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden. "Die Spanne reicht je nach Autor von 4 bis 14 Unterarten."
Fritz hat nun gemeinsam mit internationalen Partnern herausgefunden, dass die bisher als Unterart geführte Iberische Ringelnatter eine eigene Spezies ist. Das Wissenschafterteam hat mehr als 300 Schlangen aus verschiedenen Sammlungen mit unterschiedlichen Methoden untersucht und diese Daten mit genetischen Mustern von 85 Ringelnattern kombiniert: "Wir haben die externe Morphologie, wie beispielsweise die Zahl der Schuppen, mit Eigenschaften des Knochenbaus und genetischen Merkmalen verknüpft und konnten anhand dessen zeigen, dass die Iberische Ringelnatter – Natrix astreptophora – eine eigene Art ist", erläutert Fritz.
Unterschiedliche Lebensräume
Die genetischen Untersuchungen zeigen auch, dass die neu entdeckte Art ihren Lebensraum nicht mit der eurasiatischen Ringelnatter-Art Natrix natrix und deren Unterarten teilt. Natrix astreptophora kommt in der nordafrikanischen Maghreb-Region, auf der Iberischen Halbinsel und im Süden Frankreichs vor. Die beiden Arten treffen nur in Südfrankreich nahe der Pyrenäen aufeinander. Dennoch wurden in diesem Gebiet fast keine Hybride der Arten gefunden. Die Forscher werten dies als weiteren Beleg, dass es sich bei Natrix astreptophora um eine eigene Art handelt.
Als Jäger von Amphibien und anderen Kleintieren sind die bis zu 150 Zentimeter langen Ringelnattern an feuchte Lebensräume gebunden. Durch Entwässerung von Feuchtgebieten, der Regulierung von Flussläufen und der Intensivierung der Teichwirtschaft ist ihr Lebensraum jedoch bedroht. Die Iberische Ringelnatter ist allerdings vom Wasser wesentlich unabhängiger als die weiter verbreitete Art. Zahlreiche Ringelnattern werden Opfer des Straßenverkehrs; an großen Seen führt Tourismus zu einer weiteren Bedrohung der Ringelnattern. (red, 23.2.2016)