Wien/Güssing – Am Anfang schillert sie, aber irgendwann muss sie platzen. Dass andauernder Erfolg eine Seifenblase sein kann, bekommt Österreichs Basketballmeister Güssing Knights in gewisser Härte zu spüren. Die Südburgenländer stecken in finanziellen Nöten. Trainer Matthias Zollner, die US-Legionäre Bradford Burgess und Jerrell Wright sowie zwei weitere Spieler haben den Verein bereits in der Vorwoche verlassen. Die weiteren Szenarien? Die Palette reicht vom Konkurs bis hin zur Begleichung der Schulden. Der Verbleib in der Bundesliga (ABL) ist jedenfalls nicht gesichert.
Obmann Reinhard Koch, der als Ökoenergiepionier seit 20 Jahren als Hauptsponsor das meiste Geld in den Verein buttert, kalmiert. "Wenn wir ein halbes Jahr kürzertreten, bringt uns das nicht um. Wir müssen uns halt neue, geringere Ziele setzen."
Ein Scheitern mit Anlauf sieht Koch nicht. Dabei hatte Güssing bereits seit der Vorsaison Spielergehälter verspätet gezahlt. Im November wurde der Titelverteidiger schließlich wegen Verstößen gegen die Lizenzbestimmungen mit einem Punkteabzug von neun Zählern sowie mit einer Geldstrafe in Höhe von 10.000 Euro belegt. Kochs Firma, die Öko-Stadt-GmbH, war laut Liga-Präsident Karl Schweitzer immens überschuldet, aber nicht insolvenzgefährdet. "Mir ist es lieber, Güssing zieht diese Notbremse und speckt ab, bevor die Saison mit einem Team weniger zu Ende geht."
In der Bundesliga gewannen zuletzt sieben übrig gebliebene Ritter zweimal in Folge: kein Qualitätszeugnis für die Liga. Im FIBA Europe Cup geigte Güssing groß auf und wäre ohne finanzielle Unsicherheiten "zu hundert Prozent ins Achtelfinale gekommen", wie es Ex-Trainer Zollner formulierte. Der 34-jährige Deutsche, der durch seinen bisherigen Assistenten Daniel Müllner ersetzt wurde, ist traurig und stolz zugleich. "Die Spieler sind auch nur Menschen. Wenn du Überlebensängste hast, kannst du dich nicht voll konzentrieren. Aber sie haben gekämpft."
Schulden für den Erfolg
Der Fall Güssing erinnert an Vorgänge im österreichischen Fußball, wo sich kleinere und größere Vereine in der Vergangenheit Erfolge mit Schulden kauften, um am Ende zu implodieren. Die Konkurrenz in der ABL hätte Güssing lieber heute als morgen aus dem sportlichen Geschehen entfernt. "Vielleicht stehen bald wieder jene Teams vorn, die ihre Hausaufgaben machen", sagt Kapfenberg-Coach Michael Schrittwieser. "Jeder Verein gibt Geld aus, das er nicht in der Kassa hat, weil er sich auf Zusagen von Sponsoren verlässt. Der einzige Verein in ganz Europa, der sich einen Ausfall seines Hauptsponsors leisten kann, ist Bayern München", sagt Zollner. Zwischen ihm und Koch gebe es kein böses Blut.
Koch steht auch dem Europäischen Zentrum für erneuerbare Energie (EEE) vor, dem Leuchtturm im Südburgenland. "Güssing hat keine potenten Firmen, es bleibt eine strukturschwache Region." Durch die internationale Vermarktung von Umwelttechnologien ist Koch stark von ausländischem Kapital abhängig, Risiken inklusive. Bezüglich offener Sponsorgelder sei eine erste Tranche eingelangt. "Die Februargehälter können wir auszahlen." Weitere Zusagen gibt es nicht.
Kurios: Einige der verbliebenen heimischen Spieler sitzen auch im Vorstand des Vereins. Ihnen wurde es freigestellt, ihre Verträge aufzulösen. Sie baten Koch stattdessen, kein privates Geld mehr in den Verein zu stecken. "Es herrscht großer Zusammenhalt." (Florian Vetter, 23.2.2016)