Die Sektion 8 der SPÖ Alsergrund will öffentliche Inserate, wie etwa jene aus dem Jahr 2012, an medienethische Standards anknüpfen.

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"Heute"-Herausgeberin Eva Dichand kommentiert den Vorstoß der Sektion 8 auf Twitter.

Wien – Hetze gegen Flüchtlinge, aber etwa auch ein erfundenes Interview mit dem Fußballnationalteam, nichtgekennzeichnete Werbung oder unsensible Berichte über Suizide: Das sind Beispiele, die Lena Six von der Sektion 8 der Wiener SPÖ Alsergrund nennt, wenn sie über Nichteinhaltung journalistischer Standards spricht. Garantieren möchte Six medienethische Prinzipien, indem öffentliche Inserate in Printmedien mit dem Ehrenkodex der österreichischen Presse verknüpft werden, wo sie verankert sind.

90 Prozent der Rügen des Presserats betreffen "Kronen Zeitung", "Österreich" und "Heute". Jene drei Boulevardzeitungen, die nicht Mitglied des Presserats sind, aber den Großteil der Inserate öffentlicher und staatsnaher Unternehmen kassieren. Allein im dritten Quartal 2015 waren das mehr als zwölf Millionen Euro.

Glücksspiel als Vorbild

Six rechnet sich gute Chancen aus, diese Praktiken zu ändern, sagt sie dem STANDARD. Ähnlich wie 2011 ein Antrag der Sektion 8 zum Verbot des Kleinen Glücksspiels am Landesparteitag der Wiener SPÖ Erfolg hatte und später in einem Gesetz mündete, soll es dieses Mal der Inseratenvergabe öffentlicher Stellen an den Kragen gehen. Bevor der Antrag am 16. April eingebracht werden kann (pdf links), muss er noch die Zustimmung der Bezirkskonferenz am 14. März finden.

Laut der Initiative sollen in Printmedien, bei denen sowohl im vergangenen als auch im vorletzten Jahr mehr als drei Verstöße gegen den Ehrenkodex durch den Presserat festgestellt wurden, keine öffentlichen Inserate geschaltet werden dürfen. Allein die Krone wurde seit der Neugründung des Presserats vor fünf Jahren etwa 50-mal verurteilt.

Die Vorschläge der Sektion 8 würden zweifellos zur Stärkung des Presserats beitragen, sagt dazu Presserat-Geschäftsführer Alexander Warzilek zum STANDARD. Generell fände er es sinnvoll, die Presseförderung von der Mitgliedschaft beim Presserat abhängig zu machen. "Steuergeld sollten nur jene Medien erhalten, die sich den ethischen Prinzipien des Ehrenkodex verpflichtet fühlen." Der Staat würde hier einen "positiven Anreiz schaffen und dafür sorgen, dass die Mittel der Allgemeinheit nur fließen, wenn man ein Bekenntnis zur Medienethik abgibt".

Außerdem würde man damit ein Qualitätskriterium für die Presseförderung einführen, wie dies Wissenschafter, aber auch Vertreter der Medienbranche fordern. Gleiches gelte für die Inseratenschaltungen, "bei denen ja bekanntlich noch mehr Geld im Spiel ist". Etwa 200 Millionen Euro jährlich.

Bevölkerung informieren

Six von der Sektion 8 erzählt, dass sie nicht nur auf Bezirksebene, sondern auch bei Gemeinderäten der SPÖ "positive Signale" für den Vorstoß ortet. Der Antrag werde auch vom sechsten Bezirk unterstützt. Sollte die Initiative beim Landesparteitag tatsächlich in der Wiener SPÖ mehrheitsfähig sein, so erwartet sich Six, dass diese moralische Verpflichtung auch in einen gesetzlichen Rahmen gegossen werde: "Das wäre ein sehr starkes Signal." Um daraus eine gesetzliche Verpflichtung zu machen, bräuchte es den Konsens mit dem Koalitionspartner, den Grünen.

Aber schon jetzt hindere die Wiener SPÖ und ihre Unternehmen niemand daran, sich bei der Inseratenvergabe am Ehrenkodex des Presserates zu orientieren, sagt sie: "Es gibt keine Verpflichtung, Inserate zu schalten."

Niedermühlbichler dagegen

Nicht zu den Befürwortern gehören dürfte Georg Niedermühlbichler, Landesparteisekretär der SPÖ Wien. Inserate seien ein "wichtiges Kommunikationsmittel", um die Bevölkerung zu informieren. Das sei Aufgabe der öffentlichen Hand. "Hier bestimmte Medien und damit Lesergruppen auszuschließen halten wir für keine gute Idee", sagt er zum STANDARD.

Geht der Antrag beim Landesparteitag dennoch durch, so möchte Six das Thema später auch im Bund aufs Tapet bringen – beispielsweise beim Bundesparteitag der SPÖ. Wien solle Vorbild sein. Aber auch hier herrscht Zurückhaltung: Jedes Ressort entscheide "eigenverantwortlich über Informationstätigkeiten", heißt es aus dem Büro von Medienminister Josef Ostermayer (SPÖ). Am Status quo solle festgehalten werden. Schließlich sei das neue Medientransparenzgesetz erst vor fünf Jahren beschlossen wurden.

RH kritisiert Bagatellgrenze

Änderungsbedarf sieht Ostermayer derzeit auch nicht bei der Bagatellgrenze von 5.000 Euro pro Quartal und Medium. Grundsätzlich müssen öffentliche Unternehmen und Behörden ihre Inseratenaufträge quartalsweise offenlegen. Wird die Bagatellgrenze unterschritten, kann die Offenlegung jedoch unterbleiben. Rechnungshofpräsident Josef Moser fordert erst kürzlich das Überdenken der Bagatellgrenze, weil so ein Drittel bis die Hälfte der öffentlichen Werbemaßnahmen nicht erfasst würden.

Aus dem Büro von Ostermayer heißt es auf STANDARD-Anfrage, dass die 5.000 Euro-Grenze für eine "breite Mehrheit im Parlament als geeignete Schwelle für größtmögliche Transparenz und vernünftige Handhabung in der Praxis" gesehen wurde. Und: "Von Seiten der Parlamentsfraktionen wurde keine entsprechende Initiative an uns herangetragen."

Neos: Regierungswerbung radikal kürzen

Kürzlich präsentierten die Neos ihre medienpolitischen Vorschläge und widmeten sich in einem Kapitel auch der Regierungswerbung. Wie berichtet wollen sie die öffentlichen Inserate radikal kürzen – auf zehn Millionen Euro pro Jahr. Die Vergabe der Regierungsinserate soll nach ihren medienpolitischen Plänen über eine unabhängige Mediaagentur organisiert werden, die bei der Regulierungsbehörde RTR angesiedelt ist. (omark, ae, 24.2.2016)