Die Unterbringung von Flüchtlingen sorgt immer wieder für Konflikte (Symbolfoto).

Foto: APA / HERBERT NEUBAUER

Salzburg/Zell am See – In Salzburg ist in einem Rechtsstreit über ein Flüchtlingsquartier in privatem Eigentum ein brisantes Urteil ergangen. Ein Wohnungsbesitzer wurde von einer Miteigentümerin eines Hauses im Bezirk Zell am See auf Unterlassung geklagt, weil seine Räume an das Land für die Unterbringung von rund 40 Flüchtlingen weitervermietet wurden. Die Frau bekam Recht: Ihre Zustimmung wäre erforderlich gewesen.

Die Klägerin sei nicht gefragt worden, ob sie mit der Flüchtlingsunterkunft einverstanden ist. "Sie wurde einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Das widerspricht dem Wohnungszweck und dem Wohnungseigentumsrecht", sagte ihr Anwalt Alexander Schuberth zur APA. Ende vergangenen Jahres wurde die Unterlassungsklage am Landesgericht Salzburg eingebracht.

Widmungsänderung nötig

Zivilrichterin Ursula Meßner kam in ihrem Urteil vom 16. Februar zu dem Schluss: Für die Vermietung zur Aufnahme von Flüchtlingen hätte eine rechtmäßige Widmungsänderung durch Beschluss der Wohnungseigentümer vorliegen müssen. Es hätten also alle Eigentümer zustimmen müssen. Bei Uneinigkeit hätte nach dem Wohnungseigentumsgesetz ein Außerstreitrichter einen Beschluss fassen müssen, erläuterte Gerichtssprecher Imre Juhasz das Urteil.

Nicht nur Juhasz, auch Schuberth bezeichnete die richterliche Entscheidung als einen Präzedenzfall bzw. richtungsweisend in Österreich. Das Urteil ist allerdings nicht rechtskräftig. Der Beklagte kann dagegen berufen. Dann muss sich das Oberlandesgericht Linz mit dem Fall befassen. Juhasz geht davon aus, dass die Causa ausjudiziert wird.

Verkehrswert könne gemindert sein

Das betreffende Gebäude im Pinzgau besteht aus zwei Wohnungseigentumseinheiten. Die Klägerin betreibt dort ein Restaurant. Der Beklagte führte in seinen Räumen zunächst einen Beherbergungsbetrieb, dann verpachtete er sie eine Zeit lang für einen Gastronomiebetrieb und zur Zimmervermietung. Im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag wurde als Widmung "Geschäft" angeführt. Am 1. Dezember 2015 vermietete der Beklagte das Objekt an einen Mieter, der bekundete, darin Asylwerber unterzubringen.

In der Weitervermietung an das Land und der Unterbringung von Flüchtlingen sei aber eine Widmungsänderung zu sehen, da weder ein Geschäft vorliege, noch ein Hotel- und Beherbergungsbetrieb samt Restaurant, konstatierte die Richterin. "Die Interessen der Miteigentümerin, nämlich der Klägerin, können schon dadurch berührt sein, da in Teilen der Bevölkerung Vorbehalte gegen Flüchtlingsunterkünfte bestehen und daher beispielsweise im Falle des Verkaufes der Verkehrswert der Anteile der Klägerin gemindert sein könnte."

Potenzielle Kunden

In dem Verfahren entgegnete der Beklagte durch seinen Anwalt: Es sei nicht nachvollziehbar, warum es zu einer Widmungsänderung kommen solle, wenn die Räume statt an ausländische Gäste an Asylwerber vermietet würden. Die Klägerin sei in ihrem Restaurantbetrieb auch nicht beeinträchtigt. Die 44 Asylwerber seien ja potenzielle Kunden, zumal es sich um Selbstversorger handle und damit zu rechnen sei, dass sie das Restaurant der Klägerin häufig frequentieren würden.

Bei den Flüchtlingen handelt es sich um Familien und Einzelpersonen. Sie verfügen über mehrere Schlafzimmer, Küchen, ein Wohnzimmer und über einen Aufenthaltsraum, in dem auch Sprachkurse abgehalten werden. Die Räumlichkeiten wurden laut dem Beklagten vom Land Salzburg geprüft und für die Unterbringung von Flüchtlingen für geeignet befunden.

Der Anwalt des Beklagten gab keine Stellungnahme zu dem Urteil ab. Er müsse noch seinen Mandanten um Erlaubnis fragen, ob er gegenüber einem Medium eine Auskunft erteilen dürfe, erklärte der Jurist. (APA, 24.2.2016)