Die Wiener Neos-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger spricht sich für "eine einheitliche Sozialleistung auf Bundesebene mit Leistungsanreizen" aus.

Foto: Andy Urban

Wien – Die Bestrebungen einiger Bundesländer wie Niederösterreich, Oberösterreich und Burgenland, die Mindestsicherung etwa für Flüchtlinge zu kürzen, bringen Wien immer mehr unter Druck. Schon vor Prüfung der Verschärfungen in den Ländern ging der Fonds Soziales Wien (FSW) davon aus, dass zwischen zwei Drittel und 80 Prozent aller Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten nach Ablauf des Verfahrens nach Wien kommen werden. Diese Zahl könnte mit den Verschärfungen weiter in die Höhe wandern.

Die rot-grüne Stadtregierung erteilte Forderungen der ÖVP und der Freiheitlichen nach Kürzungen eine deutliche Absage. "Dass die ÖVP die monetär Benachteiligten Wienerinnen und Wiener um die bedarfsorientierte Mindestsicherung bringen will, ist ein Skandal", sagte Gabriele Mörk, die Dritte Vorsitzende des Wiener Gemeinderats. Unerwartete Unterstützung erhielten SPÖ und Grüne von den Neos, die im Gemeinderat ebenfalls gegen einen ÖVP-Antrag stimmten, der unter anderem eine "Reform der Wiener Sonderregelungen" vorsah. Eine bundesweit einheitliche Obergrenze von 1.500 Euro für Mehrpersonenhalte wurde ebenfalls gefordert.

Meinl-Reisinger: "Gegen Kürzungen"

Neos-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger spricht sich im STANDARD-Gespräch "gegen Kürzungen" aus – "allen voran nicht für einen bestimmten Personenkreis". Nötig sei aber eine völlige Reform des Systems. Denn klar sei, dass Wien unter den aktuellen Rahmenbedingungen unter die Räder gerate. "Die Folge ist eine negative Standortspirale, die darauf hinauslaufen wird, dass Wien damit noch attraktiver wird. Nur eine einheitliche Sozialleistung auf Bundesebene mit Leistungsanreizen kann diesen Effekt verhindern." Wien müsse diesbezüglich auf Bundesebene Druck machen, sagt Meinl-Reisinger.

Die Bundesregierung fordere ein einheitliches Vorgehen in Europa, damit müsse sie "endlich auch im eigenen Land anfangen. Es kann nicht sein, dass allen voran ÖVP-geführte Bundesländer ihren Spielraum bei der Mindestsicherung missbrauchen, um die Flüchtlingsströme nach Wien zu lenken."

Blümel: "Rot-grüne Realitätsverweigerung"

Für Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel geht die "rot-grüne Realitätsverweigerung und Reformresistenz bei der Mindestsicherung im Blindflug weiter". Die Stadtregierung setze auf "Vogel-Strauß-Politik, Schönfärberei, Beschwichtigungen, Sozialromantik und völlig falsche Willkommenskultur", sagte er. Wien bezahle um 50 Prozent mehr an Mindestsicherung für Kinder "als in den bundesweiten Mindeststandards festgelegt".

Die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou hatte zuvor im STANDARD-Gespräch die Position der Stadtregierung bekräftigt. Zudem seien aus Wiener Sicht die Kürzungsbeschlüsse einiger Bundesländer zur Mindestsicherung "klar verfassungswidrig, weil gegen den Gleichheitsgrundsatz".

Im Gratisblatt "Heute" forderte der grüne Landessprecher Joachim Kovacs ÖVP-Chef Blümel heraus, einen Monat lang von der Mindestsicherung, "sprich von 7,50 Euro am Tag", zu leben. Blümel lehnte ab. "Für mich ist Politik zu wichtig, sind die Themen zu ernst, um damit Spaß zu treiben." (David Krutzler, 24.2.2016)