Auftritt beim Westbalkan-Gipfel: neben Sebastian Kurz und Johanna Mikl-Leitner Sloweniens Innenministerin Vesna Znidar, ihr kroatischer Amtskollege Vlaho Orepic, Mazedoniens Außenminister Nikola Poposki und Serbiens Innenminister Nebojsa Stefanovic.

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Wien – Großer Bahnhof im großen Vortragssaal des Innenministeriums in Wien: Sechs Minister aus fünf Balkanstaaten und Österreich, Teilnehmer der bereits im Vorfeld vieldiskutierten, von Österreich einberufenen Westbalkankonferenz zum Flüchtlingsmanagement in der Region, stehen auf dem Podium einer Vielzahl Pressevertreter gegenüber.

Rede und Antwort stehen sie nicht: Ein Pressesprecher von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) beschränkt vor Beginn der Pressekonferenz die Zahl von Journalistenfragen "aus Zeitgründen" auf drei.

EU bloß Zuhörerin

Ganz vorn, in der ersten Reihe der Zuhörer, sitzt ein Vertreter der EU-Kommission in Österreich und schreibt mit. Die Konferenz findet nicht nur ohne Beteiligung Griechenlands als Ersteintrittsstaat der vielen Flüchtlinge und Migranten in die EU, sondern auch ohne jede Involvierung europäischer Institutionen statt: ein Treffen einzelner Nationalstaatsvertreter, organisiert im Rahmen des Forum Salzburg, einer auf österreichische Initiative im Jahr 2000 gegründeten Plattform für Fragen der inneren Sicherheit in Mitteleuropa und auf dem Balkan.

Dementsprechend, also rein regional und bilateral, sind denn auch die von Kurz und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vorgetragenen Beschlüsse. In einer Erklärung wurden sie festgehalten und unterzeichnet. "Der Migrationsfluss über die Balkanroute muss massiv reduziert werden", lautet ein Kernsatz. "Wir wollen eine Kettenreaktion der Vernunft", sagte Mikl-Leitner.

Zwar, so die Ministerin mehrmals, wäre dies besser "im Rahmen einer gesamteuropäischen Lösung" zu erreichen. Eine solche sei aber derzeit nicht absehbar. Daher, so Außenminister Kurz, habe Österreich mit seiner Flüchtlingsobergrenze dokumentiert, dass das Land an seiner Belastungsgrenze angelangt sei.

Im Vorhof Österreichs

Nun soll die Durchsetzung dieser Obergrenze sozusagen bereits im Vorhof ermöglicht – oder aber erleichtert – werden. Etwa mittels einer an allen Westbalkangrenzen einheitlichen Differenzierung, wer unter den Ankommenden als schutzbedürftig einzuschätzen ist und wer nicht. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass dieser Punkt aber noch nicht erschöpfend geklärt ist. Im Rahmen eines Balkan-Polizeitreffens am Freitag in Belgrad werde man weiterdiskutieren, erläuterte Mikl-Leitner.

Einig ist man sich laut Erklärung auch, dass viel "Zusammenarbeit mit Mazedonien" nötig sein wird, um weniger bis gar keine Flüchtlinge mehr auf der Westbalkanroute zu haben. Doch Maßnahmen, was ganz konkret mit Menschen wie den – laut Mazedoniens Außenminister Nikola Poposki – derzeit etwa "700 Afghanen, die nach Serbien wollen und nicht können, und 600 Flüchtlingen, die in einem Zug auf Weiterreise Richtung EU warten", geschehen soll, sind damit nicht gemeint. Vielmehr geht es um Grenzschutz zu Griechenland. Österreich etwa will die Zahl zur Grenzsicherung geschickter Polizisten von sieben auf 20 erhöhen.

Neuer Brief Avramopoulos'

EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos hat Mikl-Leitner unterdessen einen mit 23. Februar datierten neuerlichen Brief zum Obergrenzenstreit geschrieben. Er liegt dem STANDARD vor. Darin bekräftigt Avramopoulos, dass laut EU-Richtlinien und Genfer Flüchtlingskonvention jeder gestellte Asylantrag von Österreich binnen zehn Tagen offiziell angenommen werden müsse.

Zumindest bis zum Erreichen der Jahreshöchstzahl von 37.500 Asylanträgen ist dies der Fall: Die Höchstzahl von 80 Asylanträgen täglich gilt nur in Spielfeld. Am 7. März findet ein Sondergipfel EU/Türkei statt. (Irene Brickner, 24.2.2016)