In der ÖVP-Zentrale ist das sofort aufgefallen: In der ersten Ausgabe des STANDARD, das ist jene, die in die Bundesländer geht, war das Foto mit Andreas Khol noch drinnen. In der zweiten Ausgabe, das ist jene für den Großraum Wien, fehlte das Khol-Foto. Nur noch Fotos von Alexander Van der Bellen, Elfriede Awadalla und Richard Lugner. Warum? Die ÖVP forderte eine Erklärung. Auch bei der SPÖ wurde man unlocker: warum kein Rudolf Hundstorfer?
Prinzipiell ist DER STANDARD nicht zur totalen Ausgewogenheit verurteilt wie der ORF oder die Austria Presse-Agentur. Bei uns werden keine Sekunden mit den Originaltönen der Kandidaten gezählt und auch keine Fotos nach Erscheinungsgröße ausgemessen. Im besten Fall geht es um Inhalte, oft um den Anlass und manchmal schlicht um die Verfügbarkeit oder die Qualität von Fotos. Dass Andreas Khol weichen musste, lag am Foto: Es war schlecht. Der ÖVP-Kandidat und seine Unterstützerinnen von der Tiroler Volkspartei hatten brav Aufstellung vor dem Innsbrucker Rathaus genommen. Sie warben um Unterstützungserklärungen. Kein Event, den man sehen und bildlich festhalten muss. Und wir brauchten Platz für eine Abendveranstaltung, bei der sich der grüne Kandidat Van der Bellen einem Hearing bei den Neos stellte: mehr Text, weniger Fotos, also musste das schwächste Foto weichen. Sorry, ÖVP.
SPÖ goes online
Und in Richtung SPÖ: Dass Rudolf Hundstorfer – oder sein Team – nun auch Facebook und Twitter kann, ist zweifellos eine Geschichte, aber nichts, was man in Print herzeigen muss. Das lässt sich online besser darstellen.
Aber auch die Grünen beschwerten sich: Mit einem ansatzweise ironischen Unterton hatten wir unserem Erstaunen über das Quiz auf der Facebook-Seite des unabhängigen grünen Kandidaten Ausdruck verliehen. Trinkt Van der Bellen in der Früh Tee oder Kaffee? (Falls Sie es versäumt haben: Kaffee). Und ja, auch auf derStandard.at gibt es gelegentlich ein Quiz, nicht jedes davon ist naturwissenschaftlich ausgemessen, geht in die Tiefe oder quillt über vor Niveau. Spannung und Unterhaltung sind oft genug auch von Interesse und Geschmack abhängig.
Konferenzen und Diskussionen
Jedenfalls weisen uns die Grünen darauf hin, dass Van der Bellen selbstverständlich auch Inhalte anzubieten hat: eine ganze Woche mit europapolitischem Schwerpunkt. Reden, Diskussionen, Konferenzen, in Wien, Berlin und Brüssel. Wo bleibt jetzt die Berichterstattung?
Wir werden – auszugsweise – berichten, bei passender Gelegenheit sogar in Wort und Bild. Dass auch Irmgard Griss, die tatsächlich parteiunabhängige Kandidatin, zu einer Diskussionsveranstaltung ins Haus der Europäischen Union in Wien eingeladen ist, werden wir ebenfalls nicht verschweigen.
Gedränge im Ressort
Und Richard Lugner? Wir werden berichten! Sicher nicht aus dem Haus der Europäischen Union, aber wir gehen Lugner-City. Für das Interview gab es sogar ein Gedränge im Ressort, der Baumeister wird sich gleich zwei Vertretern des STANDARD stellen müssen, zu Nutten, Opernball und Sexspielzeugen fällt uns allerdings nichts ein.
Und der Fairness halber sei auch das wenigstens hier erwähnt: Auch Martin Roger Müller will Bundespräsident werden, das ist derjenige, der schon nicht ORF-Generaldirektor wurde. Nach eigener Recherche ist er der 17. oder 18. Anwärter auf den Amtssitz in der Hofburg, er hat schon eine eigene Website zu dem Thema, und wen es interessiert: bitte googeln. (Michael Völker, 27.2.2016)