Genf – In Libyen herrschen laut Uno weiter Gewalt und Willkür. Im neuesten UN-Bericht wird dringend dazu aufgerufen, die Straflosigkeit der Verbrechen zu bekämpfen und die Justiz zu stärken. Fast fünf Jahre nach dem Sturz des langjährigen Diktators Muammar al-Gaddafi mit Unterstützung westlicher Staaten herrsche Chaos, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht.

"Einer Vielzahl an Akteuren – sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen – werden schwerwiegende Verletzungen und Missbrauch vorgeworfen, die in vielen Fällen Kriegsverbrechen gleichkommen können", sagte der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein.

Kein Schutz der Bevölkerung

Die UN-Organisation beschreibt zahlreiche unrechtmäßige Tötungen in allen Konfliktzonen. Dazu zählten auch Hinrichtungen von entführten und verhafteten Menschen. Die Täter seien unter fast allen bewaffneten Gruppen zu finden. Viele Attacken scheinen laut dem neuesten Bericht willkürlich. Die betroffene Bevölkerung, etwa in Benghazi und Tripolis, werde außerdem nicht ausreichend vor den wahllosen Anschlägen geschützt.

Seit dem Sturz Gaddafis seien Tausende willkürliche Inhaftierungen dokumentiert. Größtenteils seien sie ohne ausreichende Überprüfung eines Haftgrundes geschehen. In Gefängnissen ist laut UN zum Teil tödliche Folter weit verbreitet.

Besonders schwierig scheint die Situation in Libyen für die Jüngsten. In einigen Fälle würden Kinder für die Terrormiliz "Islamischer Staat" rekrutiert. Sie hätten religiöse und militärische Trainings absolvieren und Videos von Enthauptungen ansehen müssen. Es soll auch zu sexuellem Missbrauch gekommen sein.

Versagen des Justizsystems

Für Hochkommissar Said Raad al-Hussein ist die völlige Straflosigkeit der Taten und das systematische Versagen des Justizsystems besonderer Grund zur Sorge. Seit 2014 seien viele Richter und Staatsanwälte Opfer von Morden, Bombenangriffen, Überfällen und Entführungen geworden. "In Abwesenheit eines umfassenden Schutzes kann die Justiz nicht für Gerechtigkeit sorgen", heißt es in dem Bericht. (APA, 25.2.2016)