Die geplanten niederösterreichischen "Billigsthäuser" sorgten bei der Architektenschaft für Unmut.

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Die Diskussion über die "Wohnchance NÖ" geht weiter: Nachdem sich die Architektenschaft über die geplanten niederösterreichischen "Billigsthäuser" für Zuwanderer echauffiert hatte, kam wie berichtet eine Kooperation des Landes Niederösterreich mit der Technischen Universität Wien, Fachbereich Entwerfen, ins Rollen. Darüber – beziehungsweise über die genaue Ausformung der Kooperation – gibt es nun aber neuerlich Zwist.

Im Zuge der TU-Lehrveranstaltung ("praktische Übung") namens "Anders günstig", in der Studierende ab März Lösungen für eine Verbesserung der "Billigsthäuser" suchen und finden (und schließlich umsetzen) sollen, ist nämlich laut Lehrveranstaltungsbeschreibung vorgesehen, dass die Rechte an den Entwürfen der Studierenden "im Sinne einer Open-Source-Lösung als Creative-Commons-Lizenz zur Verfügung zu stellen" seien.

"Zerstörungswerk an unserem Beruf"

In der Architektenkammer schrillen deshalb neuerlich die Alarmglocken. Die Vorgangsweise, Architekturplanung als "Open-Source-Leistung" dem Errichter "zur Verfügung zu stellen", übertreffe "die bösesten Befürchtungen", meint Christoph Mayrhofer, Sektionsvorsitzender Architekten in der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, NÖ und Burgenland, zum STANDARD. Sarkastischer Nachsatz: "Das ist ein würdiger Schlussstein im Zerstörungswerk an unserem Beruf."

In einer ausführlichen schriftlichen Stellungnahme, die dem STANDARD vorliegt, bringen Mayrhofer und Architektenkammer-Präsident Peter Bauer nun wortreich ihren Protest gegen die geplante Lehrveranstaltung in Kooperation mit dem Land Niederösterreich zum Ausdruck. Das Ziel der Lehrveranstaltung, eine "Kostenreduktion im Wohnbau bei Beibehaltung hoher architektonischer Qualität", sei selbstverständlich zu unterstützen. Der "methodische Vorschlag zur Zielerreichung" mache jedoch schlicht "fassungslos", so die beiden Kammervertreter.

"Kostenlose Planungsleistung"

"Nicht Bestimmungen der Raum- oder Bauordnung oder der Normung sollen hinterfragt – beziehungsweise gar methodisch analysiert – werden, nicht die eigentlich relevanten Parameter der Finanzierungsmodelle oder der Eigentumsfrage werden erkundet, sondern es soll mit Studenten realisierungsreife (!) Planung betrieben werden. Die Kostenreduktion wird damit im Wesentlichen auf der kostenlosen Planungsleistung der Studenten beruhen", heißt es in der Stellungnahme.

"Genau so" wünsche man sich das nämlich als Bauherr: "Heerscharen von kostenlosen Entwürfen, aus denen man dann nach Belieben auswählen kann", so Bauer und Mayrhofer, die die betroffenen Lehrenden und Studenten der TU Wien nun "dazu einladen, mit uns ihren Ansatz zu diskutieren und echte Lösungskonzepte zu entwickeln".

Übungsleiterin: Vorgehen an Universitäten üblich

Die Leiterin der Lehrveranstaltung, Irene Ott-Reinisch, selbst Architektin, kann die Aufregung nicht ganz verstehen. Man habe sich das im Vorfeld gut überlegt, sagt sie zum STANDARD. Denn einerseits werde von den Studierenden "im besten Fall ein Vorentwurf, vielleicht auch nur eine Studie" erarbeitet, andererseits sollte "das Ergebnis einer Lehrveranstaltung der öffentlichen Hand, wenn man so will, auch wieder der Allgemeinheit zur Verfügung stehen" – das sei an Universitäten durchaus so üblich, so Ott-Reinisch.

TU-Studierende können sich übrigens noch bis Freitag für die Lehrveranstaltung anmelden. Wie viele das schon gemacht haben, konnte Ott-Reinisch am Donnerstag nicht sagen. (Martin Putschögl, 25.2.2016)