Wien/Koper/Udine – Der frühen Einfluss des Menschen auf seine Umwelt und dessen Machtlosigkeit gegenüber den Kräften der Natur zeigt exemplarisch die bewegte Geschichte einer römischen Luxusvilla rund um die Zeitenwende. Die "Meeresvilla von San Simone" in Izola (Slowenien) an der Adriaküste wird seit 2008 von Wissenschaftern des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI) gemeinsam mit slowenischen Kollegen erforscht.
Unter Kaiser Augustus wurde die Meeresküste systematisch mit solchen Villen erschlossen. Sie wurden an natürlichen Häfen errichtet und dienten als Stützpunkte für die Schifffahrt, sagte Helga Sedlmayer vom ÖAI. Die Archäologin berichtete am Donnerstagabend gemeinsam mit Kollegen aus Wien und Italien über neue Forschungen des ÖAI in der Region Obere Adria.
Kostspieliger Umbau
Die besagte Villa wurde um 30 v. u. Z. von einer aristokratischen Familie an einer Meeresbucht errichtet. Es handelte sich um einen luxuriösen Landsitz, eine Peristylvilla, mit einer Grundfläche von 2.600 Quadratmetern. Der natürliche Hafen in der Bucht wurde von einem – noch heute sichtbaren – Wellenbrecher geschützt. "Das war eine für damalige Verhältnisse äußerst kostspielige Konstruktion, und mit rund 100 Metern Länge von enormer Dimension – so etwas gibt es nur äußerst selten", sagte Sedlmayer.
Schon eine Generation später, in den ersten Jahrzehnten des 1. Jahrhunderts, wurde die Villa umgebaut und die gesamte Umgebung verändert. Als Grund dafür konnten die Wissenschafter den Eingriff des Menschen in ein sensibles Ökosystem nachweisen: Die Hafenbucht – ursprünglich eine seichte Lagune mit sandigem Meeresgrund und felsigen Komponenten – verlandete zusehends. Schuld daran dürfte der Wellenbrecher gewesen sein, der den natürlichen Gezeitenfluss und damit den Abtransport von Sedimenten einschränkte.
Als Reaktion darauf wurde die sumpfige Meeresbucht aufgeschüttet und ein neuer Hafen errichtet. Auf dem neu gewonnenen Bauland wurde die Villenanlage auf 5.100 Quadratmeter erweitert. Trotz dieser Großbaustelle hat das Geld dann offensichtlich auch noch für eine Ausgestaltung der Räume mit großflächigen Schwarz-Weiß-Mosaiken gereicht.
Kurzer Bestand
Doch trotz dieser aufwendigen Maßnahmen war man letztlich machtlos gegenüber der Natur: "Der Standort war offensichtlich so exponiert gewählt, dass die Villa nach nur drei Generationen später, um 70 bis 80 n. Chr. entweder durch ein Beben oder einen orkanartigen Sturm zerstört wurde", so Sedlmayer.
Gleich auf der anderen Seite des Golfs von Triest erforschen die ÖAI-Wissenschafter seit 2011 die Stadt und das Umland von Aquileia, eine zur römischen Zeit bedeutende Handelsmetropole in der heutigen italienischen Provinz Udine. Mit Hilfe archäologischer Prospektion wie geophysikalischen Messungen haben die Forscher einen bisher unbekannten zweiten Flusshafen in der Stadt entdeckt. Entlang aller Kanäle und Flüsse gab es ein dichtes Netz von Molen und Hallenbauten. Auch im Umland der antiken Stadt fanden die Forscher Hinweise auf zahlreiche größere und kleinere Landgüter und Bauernhöfe. (APA, 26.2.2016)