Innsbruck – Seit Kindesalter leidet Ursula Baumgartner an der seltenen Energiestoffwechselerkrankung MELAS. In Österreich sind etwa 15 Menschen davon betroffen. Dabei kommt es zu vielfältigen, zunächst oft unspezifischen Symptomen, die vor allem das Nervensystem und die Muskulatur, aber auch andere Organe betreffen, die einen hohen Energieverbrauch haben. Bei der Niederösterreicherin zeigten sich anfangs Kopfschmerzen, Erbrechen und schlaganfallähnliche Episoden. Zudem traten chronische Probleme wie Schwerhörigkeit, Hirn-Muskelstörungen, Lernschwierigkeiten und Versagen von Herz und Niere auf.

An Zentrum für Seltene Krankheiten Innsbruck (ZSKI) der Universitätsklinik wurde an Ursula Baumgartner nun die weltweit erste kombinierte Organtransplantation durchgeführt. Im Dezember 2014 erfolgte die Transplantation von Herz und Niere, wie die behandelnden Ärzte am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Patientin in Innsbruck bekannt gaben.

Achtstündige Operation

Die Grunderkrankung war den Ärzten zufolge bereits so weit fortgeschritten, dass die damals 38-jährige Patientin ein neues Herz und eine neue Niere brauchte. Man sei sich bewusst gewesen, dass man damit Neuland betrete, so Kardiologe Gerhard Pölzl. Der Experte spricht von einer schwierigen Entscheidung, bei der sowohl medizinische als auch ethische Aspekte zu beachten waren.

Im Endeffekt sei es dann eine ethische Entscheidung gewesen, die Organe der Patientin zu transplantieren, erklärte Humangenetiker Johannes Zschocke, ebenfalls Gründungsmitglied des ZSKI. In diese Entscheidung sei auch der Ethikkreis der Klinik eingebunden gewesen.

Es habe sich jedenfalls bei der rund achtstündigen Operation um alles andere als einen Routine-Eingriff gehandelt, berichtet Zschocke. "Wir haben nicht gewusst, inwieweit auch andere Organe betroffen sein werden. Das ist immer noch unklar", erläutert der Humangenetiker.

Genetische Grunderkrankung nicht heilbar

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen zeigten seit der Operation eine ausgezeichnete Funktion beider Organe. "Es ist ein wesentlicher Unterschied gegenüber früher. Ich kann alles machen, Stiegen steigen, spazieren gehen. Ich war auch schon ein paar Mal wandern", gab die Patientin selbst bei der Pressekonferenz einen Einblick in ihr Leben nach der Operation. Die engmaschigen Untersuchungen können den Ärzten zufolge in den nächsten Jahren deutlich reduziert werden. Die Niederösterreicherin werde aber ihr Leben lang Medikamente nehmen müssen, die eine Abstoßung verhindern sollen, betont Zschocke.

Derzeit stehe keine weitere Doppelorgantransplantation eines MELAS-Syndrom-Patienten in Innsbruck an. Und auch darüber hinaus sei nichts bekannt. Unter den derzeit rund 15 in Österreich erkrankten Personen ist die "Organbeteiligung" unterschiedlich, meinte Karall. Bei rund der Hälfte der Patienten liege auch eine Schädigung des Herzens vor.

Eine Operation sei nicht in allen Fällen nötig, erläutert Humangenetiker Zschocke. Dies hänge davon ab, wie weit die Krankheit fortgeschritten sei. Behandelbar seien jedenfalls immer nur die Symptome, nicht die genetische Grunderkrankung. (APA, red, 25.2.2016)