Wien – Mit 1. März tritt das neue Bundesvergabegesetz (BVergG) in Kraft. Es schreibt für öffentliche Aufträge statt des Billigst- das Bestbieter-Prinzip vor, macht Subvergaben transparenter und verschärft den Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping. Damit soll Scheinfirmen ein Riegel vorgeschoben und eine höhere Bauqualität erreicht werden. Nur Aufträge unter 1 Mio. Euro können frei vergeben werden.

Durch die Novelle wird es weniger Preisdruck auf die heimischen Bauunternehmen geben und mehr positive Effekte auf die Beschäftigung, erwartet Bau-Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel. Für Baugewerkschaftschef Josef Muchitsch ist sie ein "wichtiger Schritt nach vorne", damit österreichische Firmen regional Chancen haben, zu Aufträgen zu kommen, sagte er am Donnerstag in einem gemeinsamen Pressegespräch. Frei wurde der Weg für die Novelle, weil es bis Dienstag dieser Woche kein Veto eines Bundeslandes gab.

Preis nicht als einziges Kriterium

Mit dem Transparenzgebot für Subvergaben hat der Auftraggeber künftig vollständige Kenntnis, wer auf seiner Baustelle arbeitet. Denn Subunternehmer müssen bei öffentlichen Aufträgen in den Angeboten angeführt, geprüft und genehmigt werden. Ein Wechsel oder Hinzuziehen eines neuen Sub- oder Subsubunternehmers nach Auftragserteilung muss dem Auftraggeber bekanntgegeben werden, der ist dann ebenfalls zu prüfen/genehmigen. Derzeit hingegen sei die Subunternehmerkette nicht transparent, betonte Bundesinnungsmeisterin Irene Wedl-Kogler vom Bauhilfsgewerbe; zwar gebe es schriftliche Unterlagen, die seien aber nie kontrolliert worden.

Zur künftigen Gewichtung von Preis und anderen sozialen oder Qualitätskriterien beim neuen Bestbieterprinzip sagte Muchitsch, dabei gebe es zwar gesetzlich keine Unter- oder Obergrenze, aber es dürfe der Preis nicht mehr alleiniges Kriterium sein. ÖBB und Asfinag hätten für ihre Aufträge die Preiskomponente bereits auf 90 Prozent und darunter gesenkt, der Hauptverband der Sozialversicherungsträger habe sich auf 80 Prozent Preiskomponente und 20 Prozent Sozialkriterien festgelegt. Weil sie sich durch diese Umstellungen mehr Aufträge erwarten, würden heimische Bau- und Baugewerbefirmen ihre Stammbelegschaften bereits aufstocken.

Ausschluss bei Lohndumping

Der Auftraggeber kann künftig vorschreiben, dass "bestimmte kritische Aufgaben" – "Kernleistungen" genannt – vom Bieter selbst oder von einem Mitglied seiner Arbeits- oder Bietergemeinschaft als "Eigenleistung" und nicht von Dritten erbracht werden. Das bezieht sich auf Leistungen, die aus Sicht des Auftraggebers besondere Fähigkeiten und Fachkunde erfordern und bei denen die Qualität der Leistungsausführung maßgeblich durch individuelle Eigenschaften des Leistungserbringers bedingt ist. Frömmel nennt Beispiele: Bei einer Schule werde die Kernleistung einem Baumeister obliegen, in einer Maschinenbaufirma einem Maschinenhändler, und der Baumeister werde nur die Zuleistung erbringen. Bisher durften bis zu 99,9 Prozent eines Auftrages an Subunternehmer gehen.

Lohn- und Sozialdumping, etwa die Unterschreitung der kollektivvertraglich festgelegten Mindestlöhne, führt künftig – bei mehr als zwei Vergehen binnen 12 Monaten – zum Ausschluss einer mitbietenden Baufirma bei öffentlichen Ausschreibungen. Der Auftraggeber muss verpflichtend eine Auskunft aus der Verwaltungsevidenz der Wiener Gebietskrankenkasse (dem Kompetenzzentrum für Lohn- und Sozialdumping) zur Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit einer Firma einholen; die Auskunft darf nicht älter als sechs Monate sein. Damit soll verhindert werden, dass sich Firmen an Vergabeverfahren beteiligen, denen die Ausübung der Dienstleistung untersagt ist.

Beschäftigte stark betroffen

Nach der jetzigen Bundesvergabegesetz-Novelle 2015 steht schon die Reform 2016 vor der Tür. So beklagte die Gewerkschaft vida am Donnerstag, dass bei den jetzigen Neuerungen "die riesige Chance vertan worden" sei, gleich eine einheitliche Regelung für die gesamte öffentliche Auftragsvergabe zu schaffen. "Schließlich sind von den Lohn- und Sozialdumpingauswirkungen insbesondere auch die Beschäftigten in der Verkehrs- und Dienstleistungsbranche stark betroffen", so vida-Fachsekretär Karl Delfs in einer Aussendung.

Muchitsch kündigte denn auch schon die nächsten Reformschritte an. In der Novelle 2016, die bereits verhandelt wird, würden auch andere Branchen mitberücksichtigt werden können, sagte er vor Journalisten. Geplant ist vor allem die Pflicht zur Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Mitbietern bei öffentlichen Auftragsvergaben. Geprüft werden soll etwa eine Mindestbonität, gemessen an Eigenkapitalquote oder einem bestimmten KSV-Rating, so der Baugewerkschaftschef.

Zudem soll der Mindestumsatz eines Anbieters in einem bestimmten Verhältnis zum geschätzten Auftragswert liegen, "damit gewährleistet ist, dass der dann den übernommenen Auftrag auch allein schafft". Gedacht ist etwa an eine Relation 3:1 oder 2:1, sodass etwa eine Baufirma mit zwei Mio. Euro Jahresumsatz nicht um Aufträge mit mehr als sechs Mio. (oder vier Mio.) Euro Größe mitrittern kann. Zudem soll eine Meldeverpflichtung für öffentliche Auftraggeber über beauftragte Anbieter an eine "Baustellendatenbank" kommen, die bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) eingerichtet ist und Auskunft geben soll, welche Firmen mit welchen Aufträgen welche Leute zu welchen KV-Löhnen beschäftigen, so Muchitsch.

"Brauchen Fairness"

Vorerst noch nicht für die BVergG-Novelle 2016 geplant – aber auf dem mittelfristigen Wunschzettel von Muchitsch – ist eine "Auftraggeberhaftung" sowohl für Öffentliche als auch Private bei der Beauftragung ausländischer Unternehmen. Das sei sogar eine EU-Intention, verankert in der Durchsetzungsrichtlinie zur EU-Entsender-Richtlinie. Dann könnte nämlich, so Muchitsch, bei Lohn- oder Sozialdumping in Österreich ein Bescheid zugestellt werden, denn bei einer Firma mit Sitz etwa in Budapest sei "fraglich, ob die Strafe dort auch vollzogen wird. Wir brauchen Fairness gegenüber österreichischen Firmen." Diese EU-Intention werde Österreich mit einem neuen Bundesgesetz versuchen umzusetzen, nämlich dem kommenden Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG).

Weiters plädierte Muchitsch für die Einführung von elektronischen Zutrittskontrollen auf Baustellen. Dazu verwies er auf ausländische Beispiele, in Riga etwa habe er so etwas selbst gesehen, auch in Wien auf einer Bahnhofsgroßbaustelle sei so etwas praktiziert worden. (APA, 25.2.2016)