Die Arge Kultur gibt Engstirnigkeit eine entsprechend enge Bühne.

Foto: Mike Groeßinger

Salzburg – Die kleine Bühne im Studio der Salzburger Arge Kultur wirkt auf den ersten Blick etwas arg beengt. Aber das hat seine Berechtigung: Drei Europäer breiten auf diesem engen Raum ihre durchaus unterschiedlichen Sichtweisen auf Afrika aus. Da ist der brutale und intellektuell etwas dumpfe Herrenmensch Cal (Benedikt Vyplel), Horn, der aufgeklärte Kolonialist moderner Prägung (Theo Helm) und die romantisch verklärte, etwas naive Liebhaberin alles Fremden, Léone (Elisabeth Nelhiebl). Alle Zugänge zum "Schwarzen Kontinent" bleiben auf ihre Art jeweils eng.

Die räumliche Enge wird in der Salzburger Arge Kultur so zu dem, was der 1989 verstorbene französische Autor Bernard-Marie Koltès mit seinem vor über drei Jahrzehnten uraufgeführten Stück Kampf des Negers und der Hunde wohl wollte. Regisseurin Petra Schönwald hatte auch noch die passende Ausstattungsidee: Billigste Sichtschutzmatten aus dem Baumarkt versperren den Europäern die Sicht nach draußen, in die Wirklichkeit. Die Welt der Weißen wird zum Schrebergarten der Ignoranz und des Ethnozentrismus.

Koltès beschrieb schon in den 1980er-Jahren in seinem modernen Klassiker, was heute die Krise oder gar den Zerfall der Europäischen Union beschleunigt. Die Menschen eines ausgebeuteten Kontinents warten nicht länger zu, sie marschieren los. Bei Koltès ist das Alboury, der nichts anderes will als die Leiche seines von den Weißen ermordeten Bruders abholen. Er beschuldigt niemanden, er nimmt auch kein Geld. An ihm perlen Hasstiraden ebenso ab wie Anbiederungsversuche. Allein seine Existenz, allein dass er da ist, lässt das Projekt der Europäer scheitern.

Petra Schönwald hat die Rolle des Alboury mit dem 2008 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Österreich gekommenen Somali Abdririzak Ali Nuur besetzt. Es hätte keinen besseren Aktualitätsbezug geben können. Er entsteht in den Köpfen des Publikums, ohne dass Schönwald etwas am Original verändern musste.

Die Anwesenheit des Fremden erzeugt jene Angstbilder in den Köpfen der drei Europäer, denen wir heute tagtäglich begegnen. Die Palette reicht von ansteckenden Krankheiten – "sie spucken, das ist eine Gefahr für uns" – über die Panik vor der Rache der Unterdrückten bis zur Furcht heterosexueller Männer, die Fremden nähmen ihnen die Frauen weg. Und die Sichtschutzmatten versperren weiterhin den Blick auf die Wirklichkeit. (Thomas Neuhold, 25.2.2016)