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Irgendwo gibt es gewiss eine Tür zu diesen Seitenteilen. Im Zürcher Hallenstadion steigt heute der Fifa-Kongress. Er muss vor Mitternacht enden, weil dann für Eishockey am Samstag umgebaut wird.

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Zürich – Gianni Infantino (45) oder Scheich Salman bin Ibrahim al-Khalifa (50) – das ist die Frage. Der Fünfkampf um das Amt des Fifa-Präsidenten dürfte sich, wenn am heutigen Freitag beim Kongress in Zürich der Nachfolger von Joseph S. Blatter gekürt wird, als Duell entpuppen. Der jordanische Prinz Ali bin al-Hussein (40), der Franzose Jérôme Champagne (57) und der Südafrikaner Tokyo Sexwale (62) gelten als Zählkandidaten. Zwischen dem Schweizer Infantino und dem Bahrainer al-Khalifa wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet. Beide gaben sich nach ihrer Ankunft in Zürich überaus siegessicher.

Sicher ist: Infantino hat als Uefa-Generalsekretär fast alle 53 Stimmen der Uefa sicher. Der Scheich kann als AFC-Präsident auf so gut wie alle 44 Stimmen der asiatischen Konföderation bauen. Zu den Königsmachern werden dadurch die Afrikaner, von denen sich beide Favoriten die Mehrheit der Stimmen erhoffen. Infantino dürfte die Mehrheit der 35 Stimmen aus Nord- und Mittelamerika sowie der Karibik (Concacaf) bekommen. Was die zehn Südamerikaner (Conmebol) machen, ist offen. Dazu kommen elf Wähler aus Ozeanien (OFC).

Erst Reformen, dann die Wahl

Der Kongress im Zürcher Hallenstadion beginnt um 9.30 Uhr, die Wahl ist für Nachmittag angesetzt. Die Chose könnte sich ziehen, sollte aber jedenfalls vor Mitternacht vorüber sein. Dann muss das Stadion für ein Eishockeyspiel am Samstag umgebaut werden. Vor der Präsidentenkür soll ein großes Reformpaket verabschiedet werden. "Die ganze Welt blickt diese Woche auf uns", appellierte Interimspräsident Issa Hayatou (69) eindringlich an die Verbände aus der ganzen Welt.

Zur Absegnung der Reformen ist eine Dreiviertelmehrheit der 207 stimmberechtigten Mitglieder nötig. Es ist anzunehmen, dass die Anträge durchgehen. Vorab hat der Kontinentalverband für Nord- und Mittelamerika sowie die Karibik (Concacaf) bereits am Donnerstag weitreichende Reformen verabschiedet, die kriminellen Machenschaften einen Riegel vorschieben sollen. Der Concacaf steckt tief in der Krise, seine jüngsten drei Präsidenten zählen zu den Hauptverantwortlichen des Fifa-Korruptionsskandals.

Der Donnerstag war gleichsam auch der Tag nach dem Ende der Ära von Joseph S. Blatter. Seine Sperre war wie jene von Uefa-Präsident Michel Platini am Mittwoch um zwei auf sechs Jahre reduziert worden. Niemand weinte dem Ex-Präsidenten eine Träne nach, keine Fifa-Fahne wehte auf Halbmast. Im Gegenteil. Die Zukunft – diesen Eindruck will die Fifa vermitteln – kann kommen. Blatter hingegen ist endgültig Vergangenheit. Vielleicht auch deshalb liest sich das Urteil der Fifa-Berufungskommission, das die Karriere Blatters am Mittwoch per E-Mail beendete, wie eine Art Versöhnungsversuch.

"Strafmildernd"

Die Sperren von Blatter (79) und Uefa-Präsident Michel Platini (60) seien, so hieß es da, um zwei auf sechs Jahre reduziert worden, weil "die Arbeit und die Dienste" der beiden "über die Jahre für die Fifa, die Uefa und den Fußball im Allgemeinen angemessen zu würdigen seien und sich strafmildernd auswirken sollten".

Ausgestanden ist der Rechtsstreit natürlich nicht. "Er ist tief enttäuscht von der Fifa-Berufungskommission und wird den CAS anrufen", teilte Blatters Sprecher mit. Auch Platini schaltet den Internationalen Sportgerichtshof ein. Der Franzose, der lange als logischer Blatter-Nachfolger galt, will wenigstens wieder dem europäischen Verband (Uefa) vorstehen, spätestens im Sommer zum Anpfiff der EURO in seiner Heimat (ab 10. Juni).

Blatter, der die Fifa 17 Jahre lang führte, hätte sich beim Kongress gerne – in seinen Augen – angemessen verabschiedet. Das bleibt ihm verwehrt. Die Amtsübergabe erfolgt am Freitag durch Hayatou, nicht durch Blatter. Für den Neuanfang der Fifa, wenn es denn einen geben sollte, spielt das überhaupt keine Rolle. (sid, fri, 25.2.2016)