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Flüchtlinge und Migranten reihen sich in Schisto, nahe Athen, zur Essensausgabe auf.

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Deutschlands Innenminister Thomas de Maizière (Mitte) zwischen Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn (links) und EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos beim EU-Rat für Justiz und Inneres in Brüssel.

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Auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) verständigte sich mit de Maizière.

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Sie solle aufhören, "auf anderen Staaten herumzuhacken", das habe der französische Innenminister Bernard Cazeneuve seiner österreichischen Kollegin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in der Ratssitzung zugeraunt – und klargemacht, dass er die Isolierung Griechenlands in der Flüchtlingskrise nicht goutiere. Das wurde am Donnerstag beim EU-Ministerrat der Innen- und Justizminister in Brüssel aus der französischen Delegation kolportiert. Die Flüchtlingskrise und die Lage in Griechenland dominierten das Treffen.

Er habe Österreich gar nicht erwähnt, hieß es aus dem Umfeld Mikl-Leitners zur angeblichen Kritik aus Paris an Wien, das am Vortag mit drei EU-Ländern und sechs weiteren Balkanstaaten abgestimmte Restriktionen an den Grenzen der Balkanroute in Wien vereinbart hatte. Der Deutsche Thomas de Maizière (CDU) bestätigte, dass es "eine sehr kontroversielle Debatte über das Vorgehen einiger Staaten gegeben hat, die es für richtig gehalten haben, einseitige Maßnahmen zu treffen".

"Zustand der Anarchie"

Aber "psychologische Studien" über die Wortgefechte, auch zwischen Mikl-Leitner und dem Griechen Ioannis Mouzalas, wollte der deutsche Minister nicht abgeben. Die Stimmung soll düster und ernst gewesen sein. Luxemburgs Außen- und Migrationsminister Jean Asselborn warnte gar vor einem "Zustand der Anarchie".

Mouzalas hatte zu den verstärkten Grenzkontrollen in Mazedonien gesagt, sein Land werde "es nicht hinnehmen, zum Libanon Europas zu werden" – mit großen Lagern wegen des Rückstaus von Migranten.

Mikl-Leitner verteidigte in der Sitzung hingegen den Vorstoß mit den Balkanstaaten – und kritisierte die Regierung in Athen, weil diese ihren Verpflichtungen zur Sicherung der EU-Außengrenze nicht in der vor Monaten vereinbarten Weise nachkomme.

Hoffen auf die Nato

Im EU-Innenministerrat ging es also so hoch her wie schon lange nicht. Auch wenn de Maizière das einseitige Vorgehen von vier EU-Staaten kritisierte, so betonte auch er, dass "das Ende des Durchwinkens" – eine "deutliche, nachhaltige Reduzierung des Flüchtlingsstroms von der Türkei bis nach Deutschland – bisher nicht stattgefunden habe: "Griechenland hat es uns dabei nicht leichtgemacht", sagte er unter Verweis auf das Nichtfunktionieren der Hotspots. Es gebe Hinweise, dass organisierte Schlepper sowohl auf türkischer wie auf griechischer Seite aktiv seien, ohne dass Athen und Ankara dies unterbänden.

Konkrete Beschlüsse fassten die EU-Innenminister nur zur stärkeren Kontrolle von EU-Bürgern bei der Einreise in den Schengenraum, als Teil der Antiterrormaßnahmen. Für eine gemeinsame Lösung beim Flüchtlingsproblem setzten sie eine Frist bis 7. März. An diesem Tag findet ein EU-Sondergipfel mit der Türkei statt.

Sollte es bis dahin nicht zu einem sichtbaren Rückgang der Flüchtlingszahlen kommen, werde es "schmerzhafte Maßnahmen" geben, so de Maizière, "harte Maßnahmen" laut Mikl-Leitner. Welcher Art diese sein würden, blieb offen. Der deutsche Innenminister hatte in Berlin bereits angedeutet, dass die Schengen-Außengrenze nicht mehr in Griechenland, sondern "anderswo" kontrolliert werde, wie angedacht ist.

Große Hoffnung setzt die EU nun darauf, dass die Nato-Mission zur Überwachung des Flüchtlingsstroms in der Ägäis Wirkung zeigt. Wie berichtet, soll das Bündnis die griechische und türkische Marine zur Kooperation zwingen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte am Donnerstag, dass die Details der Mission feststünden. Die Türkei habe sich zur Rücknahme der auf See geborgenen Flüchtlinge bereiterklärt. Laut de Maizière soll auch das Rückstellungsabkommen zwischen Athen und Ankara greifen. (Thomas Mayer aus Brüssel, 25.2.2016)