Gelb-goldener Schimmer umgibt die dreiteilige Arbeit "Lamar" (2015) von Henrik Eiben: Die Rückseiten der Objekte sind nicht lackiert, sodass das Messing aus dem Hintergrund seine Wirkung entfaltet.

Foto: Galerie Nikolaus Ruzicska

Steife Atlantikbrise mit "Colin" (2015).

Foto: Galerie Nikolaus Ruzicska

Holz? Kirschbaum vielleicht? Schon bei dieser Frage sind wir Künstler Henrik Eiben (geb. 1975 in Tokio) auf den Leim gegangen. Vom gewachsenen, organischen Material Holz kann hier nämlich keine Rede sein. Und beim Nähertreten wird es auch ganz offensichtlich: Der irdene Farbton ist ganz einfach Rost. Gerostetes Eisen. Korrosion. So leicht kann also Metall seine Härte verlieren, so schnell wird aus kaltem warmes Material. Richard Serra hat das vorgeführt und so auch den Faktor der Zeit und des sich Auflösenden in seine monumentalen, schier unbesiegbar scheinenden Skulpturen eingeschleust.

Henrik Eibens neueste, aktuell bei Nikolaus Ruzicska in Salzburg ausgestellten Arbeiten haben mit Serras tonnenschweren Objekten gar nichts gemein. Vielmehr erinnern sie in ihrer luftig-leichten Wirkung immer ein wenig an das chinesische Legespiel Tangram oder – wenn es voluminöser wird – auch an die Falttechnik Origami.

Die Glätte des Metalls bricht Eiben darin nicht nur durch Rost, sondern auch durch Schleifspuren auf. Und schon wird aus glatten Farbflächen malerisch Aufgelöstes, das das Artifizielle bisweilen in Richtung Natur öffnet. Etwa bei Colin (2015), einer geometrischen Wandarbeit aus gleichschenkeligen Dreiecken, die den Imaginationsbegabten bereits das Meer rauschen hören lässt. Es vereint eine Farbigkeit, wie man sie bisweilen am Atlantik findet: Azur, Marineblau, dazu das Weiß der Gischt, Felsgrau und der rötliche Ton des Bodens. Ein rauer, steife Brisen gewöhnter Charakter, dieser Colin.

Talent für Texturen

So wie Eiben hier belebte Oberflächen mit säuberlich Lackiertem mischt, zeigt sich sein Talent als Texturmagier: Manche Eigenschaften des Materials deckt er auf, entblättert er, andere überdeckt er, etwa mit einer Schicht Farbe.

Es ist sicher auch diese Spielfreude, die ihn trotz der reduzierten Anmutung von der ihn durchaus inspirierenden Minimal Art wegrückt. Es geht Eiben nicht um das Wirken der reinen Form und des puren Materials. Vielmehr tarnt und täuscht er und ermahnt den Betrachter so, wachsam zu sein, das Auge zu schulen, die Dinge des Lebens so wie seine Objekte zu umkreisen. "Ich möchte die Menschen in ihrem Alltagsleben und ihrem Umgang mit anderen sensibilisieren", sagt er in einem Interview in seiner demnächst bei Kerber erscheinenden Monografie.

Dort merkt der Materialjongleur, der lange auch mit Textilien wirkte, an: "Manchmal konfrontiere ich auch mehrere scheinbar gegensätzliche Materialien in einer Arbeit, das erzeugt eine ganz eigene Spannung." Seine Flamingo Sketches, verschiedenlange Prismenstäbe, die den Raum wie Gedankenstriche akzentuieren, sind etwa teils aus Acryl, teils aus Blei gefertigt. In anderen Kompositionen gesellt sich zu Metall und Lack oder zu Holz auch Leder.

Üppig, ja sinnlich sind die Wirkungen, die Eiben in der Ausstellung Lush Life erzeugt. Verantwortlich sind aber immer weniger die vielen Materialien, umso mehr die Effekte: so wie der raffinierte Schimmer, die farbigen Schatten, den manche Objekte werfen. Man schenke also auch den Kehrseiten der Dinge Aufmerksamkeit. (Anne Katrin Feßler, Album, 27.2.2016)