Jeder Kunstguss ist ein Unikat. Bei manchen bleiben die Spuren der Einfüllstutzen dran – sie werden so zu Präsentiertellern.


Foto: Simon Oberhofer

Was dem Feuer trotzte, bleibt in der Skulptur verewigt.


Foto: Simon Oberhofer

Lungball heißt die aktuelle Schau des Künstlers und Performers Karl Karner. Wie gestrandete Geisterschiffminiaturen stehen sie in den friedlichen Räumen der Galerie – verteilt auf dem Boden und auf Stelen. Sie scheinen Schlimmes durchgemacht zu haben – eine Naturkatastrophe, einen Unfall vielleicht – aber da ist noch Leben in den mit verschiedenen Farben besprühten Metallskulpturen. Was immer es war, sie haben es überlebt. Wenn man genau hinsieht, strecken sie einem kleine Äste oder Holzstäbe wie Arme entgegen.

Karner studierte bei Heimo Zobernig an der Akademie der bildenden Künste Bildhauerei, tritt aber auch oft gemeinsam mit der Performerin Linda Samaraweerová auf und ist darüber hinaus ein leidenschaftlicher Kunstgießer.

Er experimentiert als solcher auch gerne. Die leichtgewichtigeren Arbeiten in der Ausstellung sind aus Aluminium gegossen. Doch auch die Oberflächenstruktur jener Güsse aus schwereren Metallen sehen oft aus, als wären sie aus weichem Wachs. Und das ist kein Zufall, denn Wachs spielt in ihrer Produktion eine wichtige Rolle. Ihre Gussformen entstanden im sogenannten Wasserschmelzverfahren, bei dem der Künstler Wachs in ein Wasserbad schüttet.

Der gesteuerte Zufall

Karner selbst nennt es einen "gesteuerten Zufall", da er ungefähr wisse, wie sich das Wachs im Wasser verhalten wird. Danach bearbeitet er das Wachs, fügt diverses Geäst und auch Gegenstände hinzu – in einer Arbeit taucht etwa ein patinierter Federball auf – und brennt das Ganze in einer feuerfesten Masse im Ofen bei 600 Grad. Das Wachs wird ausgeschmolzen, andere Teile partiell ausgebrannt. Seine Arbeiten kommen also gewissermaßen aus dem Wasser und aus dem Feuer. Und sie tragen ihre Geschichten auf dem Körper. Man muss nur genau hinsehen und sie lesen. Bei manchen kann man noch die Spuren der Einfüllstutzen sehen. Sie übernehmen die Funktion eines Ständers und lassen manche Arbeiten wie auf einem Präsentierteller erscheinen.

Die großformatigen Arbeiten des gebürtigen Steirers wurden zum Teil in einem etwas weniger aufwendigen, aber durchaus auch schweißtreibenden Verfahren hergestellt. Etwa eine mehrschichtige, rechteckige Aluminiumplatte, die glühend rot auf ein Sandbett gegossen wurde und nun kühl wie der Mond an einer Wand der Galerie lehnt.

Eugen Lendl zeigt parallel zu Lungball übrigens im Grafikkabinett einen Stock höher auch Kaltnadelradierungen sowie Farblithografien von Marc Chagall. (Colette M. Schmidt, Album, 27.2.2016)