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4900 Passagiere fasst die Anthem of the seas, die im vergangenen April vom Stapel gelaufen ist. Noch größere Schiffe als dieses werden in den nächsten Jahren auf den Weltmeeren kreuzen.

Foto: epa/Ingo Wagner

Wien/Hamburg – Schiff ist nicht gleich Schiff und Branche nicht gleich Branche. Während der Seehandel tief im Wellental steckt, nehmen Kreuzfahrtunternehmen eine Rekordwelle nach der anderen. Und nichts deutet darauf hin, dass dieser Boom, der vor 15 Jahren seinen Ausgang nahm, schon bald zu Ende gehen könnte.

"Das Wachstum ist angebotsgetrieben. Kommen neue Kapazitäten auf den Markt, werden diese in der Regel rasch angenommen", weiß Helge Grammerstorff, Inhaber des Beratungsunternehmen Sea Consult in Hamburg. So erkläre sich auch, warum Regionen, in denen in einem Jahr nur wenige zusätzliche Schiffskapazitäten dazukommen, das Marktwachstum vergleichsweise bescheiden sei.

Starkes Wachstum

Insgesamt wächst die Branche mit durchschnittlich acht bis zehn Prozent pro Jahr, schätzt man bei der Cruise Lines International Association. 2014 kamen nach Angaben des Branchenverbands allein aus Deutschland 1,77 Millionen Kreuzfahrtpassagiere, womit erstmals die Seefahrernation Großbritannien auf Rang zwei verwiesen wurde. In Österreich dürfte es im Vorjahr einen leichten Zuwachs auf knapp 140.000 Kreuzfahrtpassagiere gegeben haben. Weltweit sind aber noch immer die USA die klare Nummer eins im Kreuzfahrtbusiness.

Die erste Kreuzfahrt der Welt startete vor 125 Jahren. Am 22. Jänner 1891 legte die Augusta Victoria in Cuxhafen ab. An Bord befanden sich 241 Menschen mit genug Geld und Zeit, um sich fast zwei Monate auf eine Schiffsreise Richtung Italien und Orient zu begeben. Zur See fuhr man früher nicht freiwillig. Schiffe dienten zum Transport. Bis Albert Ballin, Chef der Passage-Abteilung der "Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft" – kurz Hapag – das notwendige Übel zum Abenteuer erklärte.

Multi-Milliarden-Geschäft

Die Kreuzfahrt ist inzwischen ein Multi-Milliarden-Dollar-Geschäft. Die Summen, die von Reedereien investiert werden, sind auch gewaltig. Ein Schiff, das 5000 Passagiere fasst, kostet 900 Millionen Dollar und mehr. "Je nach Ausstattung und Größe ist der Preis beim Schiff nach oben offen", sagte Grammerstorff dem STANDARD. Diese Riesensummen seien mit ein Grund für die Konsolidierung, die im vergangenen Jahrzehnt die Branche erfasst hat.

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, neue Zielgruppen für Reisen auf hoher See zu erschließen. Es gibt Themenkreuzfahrten für Hardrocker, Softies und Musikantenstadl-Fans, für Wellnessjünger und Swinger genauso wie für Familien und Golfer. Auch Kulinarikreisen, bei denen Sterneköche an Bord live kochen, sind ein Renner.

Wanda gehen aufs Schiff

Sogar Surfen kann man mittlerweile an Bord so manchen Schiffs: In einer geostationären Anlage rauscht das Wasser unter dem fixierten Surfbrett durch.

Ein besonderer Clou ist Michael Springer, Chef der MS Reisegesellschaft, 2008 gelungen, als er die Wiener Philharmoniker zu einer Mittelmeerkreuzfahrt überreden konnte.

Für eine jüngere Zielgruppe organisiert Springer heuer vom 12. bis 16. Oktober eine Kreuzfahrt mit der Popgruppe Wanda: Von Barcelona geht es nach Marseille und Genua und mit Bussen weiter zum Konzert nach Bologna. Dort wird Wanda auch den gleichnamigen Erfolgstitel spielen.

63 Schiffe werden kommen

Zu den 370 Schiffen mit knapp 500.000 Betten, die auf den Weltmeeren kreuzen, kommen bis 2022 noch 63 mit 183.729 Betten dazu, darunter die Harmony of the Seas der Reederei Royal Caribbean. Das dann größte Kreuzfahrtschiff der Welt, das 6400 Passagiere (Crew-Mitglieder nicht mitgerechnet) fassen kann, sticht im Mai in See. Attraktion ist u. a. eine Rutsche mit zwei parallel laufenden Röhren, die sich am Heck des Schiffs über 30 Höhenmeter von Deck 16 auf Deck 6 hinabstürzt (Günther Strobl, 28.2.2016)