Ein Mann sitzt mit seinem Baby an einem Lagerfeuer im überfüllten Lager des Grenzortes Idomeni.

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Seit September kamen rund 800.000 Menschen in Österreich an.

Grafik: DER STANDARD

Wien/Athen – Der durch die österreichischen Maßnahmen ausgelöste Dominoeffekt auf der Balkanroute zeigt deutliche Auswirkungen: Die Zahl der an der heimischen Südgrenze ankommenden Flüchtlinge und Migranten ist innerhalb von zwei Monaten um knapp zwei Drittel gesunken (siehe Grafik). Seit September gab es insgesamt knapp 800.000 Einreisen, rund 55.000 Menschen stellten auch Asylanträge.

Die Menschen stecken in Griechenland fest, dort rechnet man mit einem Rückstau von zehntausenden Flüchtlingen. Athen gehe davon aus, dass im März zwischen 50.000 und 70.000 Menschen in Griechenland "festsitzen" werden, sagte der für Migrationsfragen zuständige Vizeinnenminister Ioannis Mouzalas am Sonntag dem Sender "Mega Channel".

6500 warten an Grenze

Zurzeit hielten sich "22.000 Flüchtlinge und Migranten" in Griechenland auf, sagte Mouzalas. 6500 davon warteten am Wochenende am Grenzposten Idomeni am Übergang nach Mazedonien. Mazedonien ließ am Samstag nur 300 Flüchtlinge durch.

In Mazedonien werden Afghanen grundsätzlich nicht mehr durchgelassen, Iraker und Syrer wurden einer verschärften Kontrolle ihrer Papiere unterworfen. Bisher war der Großteil der in Griechenland eintreffenden Flüchtlinge umgehend Richtung Nordwesteuropa weitergereist.

Die Flüchtlinge müssen inzwischen mit immer mehr Hindernissen rechnen, bevor sie in Länder wie Deutschland oder Schweden gelangen können. So legten EU-Mitgliedstaaten wie Slowenien und Kroatien ebenso wie die Balkanländer Serbien und Mazedonien Tageslimits in einer Größenordnung von 580 Migranten fest. Österreich beschloss eine Obergrenze von 80 Asylbewerbern pro Tag. Auch in Deutschland werden solche Forderungen immer lauter.

Vizeinnenminister Mouzalas geht aber davon aus, dass der Andrang nachlassen werde, wenn sich die Nachricht von der Abriegelung der mazedonischen Grenze verbreite. Dazu komme der beschlossene Anti-Schlepper-Einsatz der Nato in der Ägäis. Das werde nach seiner Ansicht die Zahl der Neuankömmlinge auf der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland um 70 Prozent verringern.

Griechisches "Reisebüro"

Was nichts am Zerwürfnis zwischen den Regierungen in Wien und Athen ändert. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) wies in "Österreich" die Kritik Athens an der heimischen Flüchtlingspolitik scharf zurück. "Ich verstehe die Politik der Griechen nicht mehr. Es geht nicht, dass Griechenland wie ein Reisebüro agiert und alle Flüchtlinge weiterschickt. Griechenland hat letztes Jahr 11.000 Flüchtlinge aufgenommen, wir aber 90.000. Das darf sich nicht wiederholen", sagte Faymann.

Dagegen warf der griechische Außenminister Nikos Kotzias der österreichischen Regierung in der "Presse" vor, "Lügen" zu verbreiten. Am Wochenende demonstrierten mehrere Hundert Menschen vor Österreichs Botschaft in Athen.

Weniger Urlaubsbuchungen

Mit der Zunahme der Flüchtlingszahlen schwindet auch die Hoffnung des von der Finanzkrise schwer gebeutelten Landes auf eine wirtschaftliche Erholung. Die Inseln der Ostägäis verzeichnen bereits einen dramatischen Einbruch an Buchungen.

Lob für Griechenland kommt von Papst Franziskus: Das Land leiste "freigiebige Hilfe", sagte er am Sonntag und rief die Europäer zu einer "gerechten Verteilung der Lasten" auf. (red, 28.2.2016)