Hollabrunn – Gabriele D. ist nicht nur richtig wütend. Sie weiß auch nicht mehr weiter. Im Mai endet ihre Bildungskarenz, und die dreifache Mutter hat keine Ahnung, in welchem Ausmaß sie wieder arbeiten gehen kann, da sie für ihr ältestes Kind ab September einen Hortplatz bräuchte. Sie lebt in Hollabrunn, einer Stadt mit 11.700 Einwohnern.
D. sagt, sie habe sich schon vergangenen Winter erkundigt, wann sie ihren Sechsjährigen für den Hort, in dem zwei Gruppen für insgesamt 50 Kinder existieren, anmelden müsse. Bis Ostern 2016 sei völlig ausreichend, habe sie da erfahren. Doch vor wenigen Wochen habe sie gehört, dass es eine Warteliste für den Hort gebe. Auf neuerliche Nachfrage bei der Betreuungseinrichtung hörte sie, man habe ein gröberes Problem: Für 22 Volksschulkinder in der Gemeinde fehle leider der Platz. Auch für ihres.
Bürgermeister dementiert
Bei der Volkshilfe, die den Hort betreibt, heißt es auf Standard -Nachfrage, dass man zur angeblichen Warteliste nichts sagen dürfe, und verweist an die Gemeinde. Bürgermeister Erwin Bernreiter (ÖVP) stellt die Situation anders dar: "Besagte Liste mit 22 Kindern stimmt nicht." Etwa zehn davon kämen in andere Schulen, und deren Bedarf falle weg. Hinzu komme, dass "einige" gar nicht wüssten, ob sie den Hortplatz "wirklich brauchen". Also blieben nur fünf bis sieben Kinder ohne Platz übrig. Und nur weil eine Mutter laut schreie, könne die Gemeinde nicht springen. Auch wenn ihre Situation "nicht gerade angenehm ist", wie Bernreiter zugibt.
Ein Hortausbau steht aber auch aus anderen Gründen nicht oben auf der Prioritätenliste der Gemeinde, in der die ÖVP mit absoluter Mehrheit regiert. So teilte man zuletzt mit: "Als christlich-humanistische Partei, wo die Familie die erste und wichtigste Gemeinschaft für Menschen ist, können wir die Entkoppelung der Kinder aus der Familie auf Kosten der Allgemeinheit nicht unterstützen." Bernreiter sagt, das sei vielleicht etwas provokant formuliert, aber es gebe ja auch andere Möglichkeiten, etwa "Tagesmütter und andere Einrichtungen".
Die dreifache Mutter fürchtet, in die Armut zu rutschen, wenn die Familie auf Dauer weiter vom Einkommen ihres Mannes leben muss beziehungsweise sie selbst nicht genügend Jahre arbeite.
Kein Kommentar vom Bürgermeister
Der Bürgermeister will das nicht kommentieren. Er bleibt dabei: Es sei nun mal "wirklich nicht die Gemeinde dafür verantwortlich, auf jedes Kind aufzupassen". Das verursache ja auch Kosten. Bei der Kleinkindbetreuung sei es etwa einmal so gewesen, dass großer Bedarf angemeldet worden sei, und dann sei nur ein Kind gekommen. Inzwischen sei man aber gut ausgelastet.
D. beobachtet, dass viele Eltern im Ort – sie vermutet, unter anderem aufgrund der Unplanbarkeit wegen der Situation in der Gemeinde – ihre Kinder in größere Städte mitnehmen, in die sie zum Arbeiten pendeln, und dort in Betreuung geben.
2011 habe sie sich mit ihrem Mann dazu entschieden, nach Hollabrunn zu ziehen, unter anderem, da dort die Einrichtung einer Kleinkindbetreuung in Aussicht gestellt worden sei. Erst ein paar Jahre später sei diese dann entsprechend ausgebaut worden. Dass sich Hollabrunn gerne als "Schulstadt" bezeichnet, darüber kann die dreifache Mutter nur bitter belächeln. (Gudrun Springer, 29.2.2016)