Peking – China will in der mit Überkapazitäten kämpfenden Kohle- und Stahlindustrie insgesamt 1,8 Millionen Beschäftigte abbauen. Das entspricht 15 Prozent der Mitarbeiterzahl. "Das wird eine sehr schwierige Aufgabe", sagte der Minister für Arbeitskräfte und Soziale Sicherheit, Yin Weimin, am Montag in Peking. "Aber wir sind sehr zuversichtlich." Einen Zeitplan nannte er nicht.

Allein 1,3 Millionen Jobs sollen in der Kohleindustrie wegfallen. Die Führung in Peking will in den nächsten drei bis fünf Jahren die Kapazität in der Kohleförderung um rund 500 Millionen Tonnen abbauen. "Die Konjunktur sieht sich einem recht großen Abwärtsdruck ausgesetzt", sagte Yin. "Einige Unternehmen tun sich mit Produktion und Betrieb schwer, was zu mangelhafter Beschäftigung führen kann." Um soziale Unruhen zu vermeiden, neue Stellen zu schaffen und Schulden von pleitegehenden Firmen zu begleichen, stellt die Regierung umgerechnet fast 15 Mrd. Euro in den kommenden beiden Jahren zur Verfügung.

Das chinesische Statistikamt teilte am Montag mit, der Kohle-Verbrauch sei 2015 das zweite Jahr in Folge gesunken. Er ging im Vergleich zum Vorjahr um 3,7 Prozent zurück. 2014 hatte der Rückgang 2,9 Prozent betragen. Grund ist das sich seitdem abschwächende Wirtschaftswachstum in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt.

In den zehn wirtschaftlichen Boomjahren bis 2014 hatte sich der Kohleverbrauch Chinas verdoppelt und mehr als vier Milliarden Tonnen pro Jahr erreicht. Im November wurde bekannt, dass China den Verbrauch jahrelang heruntergerechnet hatte – nach einer Änderung der statistischen Erhebung korrigierte Peking den Verbrauch für das Jahr 2012 um 17 Prozent nach oben.

Politischer erwünschte Zahlen?

Die Statistikbehörde steht im Verdacht, politisch gewünschte Zahlen zu liefern. Am Montag teilte sie mit, der Anteil der Kohle am gesamten Energieverbrauch habe 2015 bei 64 Prozent gelegen; 2014 waren es demnach noch 66 Prozent.

Greenpeace zeigte sich dennoch erfreut. Die Statistik zeige, dass China auf dem Weg sei, seine auf der Pariser Klimakonferenz erklärten Ziele zu übertreffen. "Das sind gute Nachrichten für alle", sagte Lauri Myllyvirta von Greenpeace. Allerdings sei die Entwicklung noch nicht so rasch wie sie sein könnte. Chinas Präsident Xi Jinping hatte in Paris gesagt, der Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 werde 2030 den Höhepunkt erreicht haben.

Allein die Überkapazitäten der Stahlindustrie sind in China laut einer Studie der Europäischen Handelskammer zwischen 2008 und 2014 von 132 Millionen auf 327 Millionen Tonnen gestiegen. Die Situation wird Wirtschaftsexperten zufolge auch zu einem immer größeren Problem für ausländische Konkurrenten, weil chinesische Unternehmen ihre Erzeugnisse zu Niedrigpreisen auf dem Weltmarkt anbieten. Auch deutschen Stahlkonzernen wie ThyssenKrupp und Salzgitter macht die Entwicklung zu schaffen. Mehrere EU-Staaten hatten die EU-Kommission in Brüssel vor kurzem gedrängt, Anti-Dumping-Verfahren gegen Peking zu beschleunigen.

Die Industrie in der nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt verliert zunehmend an Bedeutung. Auf den Dienstleistungssektor entfiel in China im vergangenen Jahr erstmals mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt derzeit bei rund fünf Prozent. Die Regierung will die Wirtschaft umbauen und die Abhängigkeit vom Export verringern. Dafür nimmt sie auch ein geringeres Wachstum in Kauf. Das Bruttoinlandsprodukt stieg 2015 mit 6,9 Prozent so langsam wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Die Regierung rechnet für dieses Jahr mit einem Plus von 6,5 bis 7 Prozent. (APA, Reuters, 29.2.2016)