Über ein Jahrzehnt hat Dzevad Karahasan an seinem siebenhundert Seiten starken historischen Roman "Der Trost des Nachthimmels" gearbeitet, der jetzt bei Suhrkamp erschienen ist. Das Buch führt ins persische Isfahan des elften und zwölften Jahrhundert, als das Reich der Seldschuken seine Hochblüte erlebte. Zentrale Figur ist der persische Mathematiker, Astronom und Dichter Omar Chayyam, der damals einen Sonnenkalender einführte, der bis heute Gültigkeit besitzt.
Der Universalgelehrte Chayyam steht im Dienst des Großwesirs und wird von diesem beauftragt, den Giftmord an einem angesehenen Mann aufzuklären. In epischer Erzählweise entwirft Karahasan ein vielschichtiges Sittengemälde, beleuchtet die Macht von Intrigen und Verdächtigungen und berichtet von den Anfängen der Geheimdienste und des Terrors.
Parallelen zu Gegenwart
Denn bald schon sollen radikalreligiöse, fundamentalistische und gewalttätige Kräfte erstarken und dieser toleranten und geistig aufgeschlossenen Epoche ein Ende setzen, Angst und Schrecken die Herrschaft übernehmen. Parallelen zu beunruhigenden gegenwärtigen Entwicklungen drängen sich auf.
Der Bosnier Karahasan ist ein brillanter Erzähler, Dramatiker und Essayist. 1953 im ehemaligen Duvno (heute Tomislavgrad) geboren, floh er während des Krieges aus Sarajevo. Neben Graz ist die bosnische Hauptstadt mittlerweile aber wieder sein Zuhause. In einigen seiner Werke hat er die Belagerung Sarajevos verarbeitet. Karahasan ist mit zahlreichen Preisen geehrt worden, beispielsweise 2004 mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung oder 2012 in Weimar mit der Goethe-Medaille des Goethe-Instituts. Am Donnerstag ist Karahasan zu Gast in Innsbruck und liest im Literaturhaus am Inn aus dem neuen Roman. (dns, 29.2.2016)