Es hat im Leben von Hillary Clinton, die eine der gefeiertsten Frauen der Welt ist, Inhaberin einiger der höchsten Ämter der amerikanischen Politik war und möglicherweise die kommende US-Präsidentin sein wird, mehr als genug Leid gegeben. Nachdem ihre Nominierung als Kandidatin der Demokraten vor einem Jahr noch als Selbstläufer betrachtet wurde, tut sie sich bisher sehr viel schwerer, als irgendwer – auch sie selbst – das erwartet hatte.

Dabei waren die meisten Probleme, vor denen Clinton derzeit steht, vorhersehbar und ließen sich bereits 2008 erahnen, als sie gegen Barack Obama kandidierte. Andere Probleme hat sie sich selbst zuzuschreiben.

Zunächst einmal ist sie einfach keine besonders gute Politikerin. Clinton ist – soweit bekannt – die einzige Person, die ihren Wahlkampf zweimal startete. (Der erste Versuch in Iowa, wo sie hinter verschlossenen Türen mit etwa acht Leuten sprach, hatte nicht geklappt.) Diese beeindruckende, bemerkenswert intelligente Frau hat einfach nicht den politischen Riecher, den man auf höchster Ebene braucht.

Eine erfolgreiche Präsidentschaftskandidatur erfordert in den USA ein überragendes Maß an Intuition, Reaktionsschnelligkeit und – mehr als alles andere – eine überzeugende Begründung, warum man kandidiert. Es stimmt, dass Clinton zahlreiche Programme anbietet, die sie als Präsidentin vorantreiben würde, doch kann man in Anlehnung an Winston Churchill sagen, dass ihr Pudding kein Thema hat. Einer politischen Botschaft am nächsten kam noch ihr nicht gerade inspirierendes "Ich bin eine Progressive, die die Dinge bewegt".

Im Gegensatz dazu hat sich ihr Rivale, Bernie Sanders, zu einem ernstzunehmenden Kandidaten entwickelt, weil er seinem Wahlkampf eine überzeugende Botschaft gegeben hat: Das System ist manipuliert und wird durch korrupte Regeln zur Wahlkampffinanzierung gestützt.

Die bahnbrechenden Programme, die Sanders propagiert – ein auf dem Solidarprinzip beruhendes Gesundheitswesen und eine Abschaffung der Studiengebühren an staatlichen Hochschulen – sind insbesondere bei jungen Leuten, die ihn mit überwältigender Mehrheit Clinton vorziehen, beliebt, ganz gleich, wie wenig praktikabel sie sein mögen. Clintons Botschaft lautet: klein-klein – große Träume seien zu gefährlich. Sanders dagegen predigt eine politische Revolution.

Vertrauen als Problem

Dann ist da das Problem der Vertrauenswürdigkeit. Sanders' Integrität scheint außer Frage zu stehen, während Clinton weiter Anlass bietet, die ihre infrage zu stellen. Sanders kommt als authentisch herüber, Clinton als roboterhaft. Sie scheint manchmal kein Gespür für die Stimmung in der Öffentlichkeit zu haben, besonders was das Thema Geld angeht. Die Wut über die wachsende Kluft zwischen den Superreichen und allen anderen kocht schon seit Jahren hoch. Doch kurz vor Beginn ihres Wahlkampfs erklärte Hillary Clinton, dass sie und ihr Mann nach Verlassen des Weißen Hauses "total pleite" gewesen seien. Wenn dem so ist, dann haben sie sich schnell erholt: Bill und Hillary Clinton haben angeblich ein Vermögen von deutlich über 100 Millionen Dollar, das sie nach ihrer Zeit im Weißen Haus erworben haben – überwiegend durch astronomische Vortragshonorare.

Während Bill Geschäfte mit einigen zwielichten internationalen Akteuren gemacht hat, hat sich Hillary einen großen Teil ihres Vermögens als Referentin für Wall-Street-Unternehmen erworben – die als Verursacher der großen Rezession von 2008 Hauptziel des öffentlichen Zorns sind.

Dies bot Sanders ein ideales Ziel. Er griff dabei die Tatsache heraus, dass Clinton für nur drei Reden, die sie für Goldman Sachs hielt, 675.000 Dollar kassierte. Sanders' Vorwürfe brachten Hillary aus dem Gleichgewicht – als sie bei einer von CNN organisierten Bürgerversammlung vom Moderator gefragt wurde, warum sie so viel Geld von Goldman Sachs angenommen habe, zuckte die perplexe Clinton nur mit den Schultern und antwortete: "Das war, was sie angeboten haben."

Serverthema kocht hoch

Dann ist da die Kontroverse über ihre Entscheidung während ihrer Zeit als US-Außenministerin, einen in ihrem Haus installierten privaten, ungesicherten Server zur Bearbeitung ihrer geschäftlichen und privaten E-Mails zu nutzen. Das Serverthema, das erstmals im März 2015 hochkam, belastet nun ihren Wahlkampf, weil es nicht nur ihr fehlendes Gespür für die öffentliche Stimmung illustriert, sondern – tödlicher noch – einen Mangel an Urteilsvermögen offenbart. Wie könnte ihr unbekannt geblieben sein, dass eine Außenministerin als geheim eingestufte Informationen erhält? (Elizabeth Drew, Übersetzung: Jan Doolan, Copyright: Project Syndicate, 29.2.2016)