Bei wenig Schlaf besonders verführerisch – sofern sich nicht gerade Plastikteile darin befinden.

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Wer Erfahrungen mit Marihuana gemacht hat, kennt vielleicht den Heißhunger, der oft mit dem Drogenkonsum einhergeht. Dieser Effekt lässt sich allerdings auch durch eine zu kurz geratene Nachtruhe hervorrufen, wie US-amerikanische Forscher herausfanden. Sie wollten wissen, welche Rolle das System der körpereigenen Cannabinoide im Zusammenspiel von Schlafmangel und Gewichtszunahme einnimmt.

Dazu rekrutierten Erin Hanlon von der Universität Chicago und ihre Kollegen 14 Testpersonen, die vier Tage lang bei sieben bis acht Stunden Schlaf und regelmäßigen Mahlzeiten ihr Hungergefühl dokumentieren und Blutproben abgeben sollten. Das gleiche Prozedere durchliefen sie später mit nur vier Stunden Schlaf.

Endocannabinoid-Level steigt

Bei der Untersuchung der Werte stellten die Wissenschafter fest, dass die Blutkonzentration von Endocannabinoiden bei gesunder Schlafphase dem typischen Tagesverlauf folgte: Morgens war das Level niedrig und stieg langsam bis zum frühen Nachmittag – etwa zur Zeit des eingenommenen Mittagessens – an, bevor es zurückging. Waren die Probanden müde, sah die Lage anders aus. Die Endocannabinoid-Konzentration stieg um 33 Prozent höher als beim "Normalzustand", erreichte den Höchstwert rund eineinhalb Stunden später und sank danach nicht stark ab, sondern blieb bis 21 Uhr erhöht.

Bei vier Stunden Schlaf berichteten die Testpersonen von einem stärkeren Appetit und Hungergefühl, besonders nach dem Mittagessen, wenn die Endocannabinoidwerte am höchsten waren. Am letzten Tag durften sie sich aus einer Reihe an Süßigkeiten und Chips aussuchen, welche sie konsumieren wollten, und obwohl sie erst zwei Stunden zuvor gegessen hatten, konnten sie sich dabei kaum zurückhalten. Ihre Auswahl enthielt 50 Prozent mehr Kalorien und doppelt so viel Fett wie die Knabbereien, die sie nach acht Schlafstunden pro Nacht gegessen hatten.

Innerer Widerstand sinkt

"Die Energiekosten, um ein paar Stunden länger wach zu bleiben, sind eher bescheiden", sagt Hanlon. Eine andere Studie berichte, dass man pro Extrastunde, die man wach ist, etwa 17 zusätzliche Kalorien verbraucht. Bei vier Stunden verlorenem Schlaf wären das rund 70 Kalorien. "Wenn die Probanden aber die Möglichkeit dazu hatten, haben sie diese Menge mehr als wettgemacht und über 300 Extrakalorien zu sich genommen", so Hanlon. "Das kann mit der Zeit schon zu erheblicher Gewichtszunahme führen."

Die Aussagekraft einer Studie mit nur 14 Teilnehmern über eine relativ kurze Zeit ist zwar eingeschränkt, die Ergebnisse seien jedoch eindeutig signifikant, schreiben die Autoren im Fachjournal "Sleep". Sie passen zu bisherigen epidemiologischen Studien, die eine Korrelation von Übergewicht mit Schlafmangel nachwiesen. "Wenn du einen Riegel Snickers hast und ausreichend Schlaf hattest, kannst du deine natürliche Reaktion unterdrücken", sagt Hanlon. "Aber wenn du an Schlafentzug leidest, wird deine Lust auf bestimmte Nahrungsmittel stärker und dein Widerstand sinkt. Deshalb wirst du ihn wahrscheinlicher essen." (sic, 5.3.2016)