Die Schweizer Demokratie hat den Härtetest bestanden: Das deutliche Nein zur radikalen "Durchsetzungsinitiative" der rechtspopulistischen SVP hat gezeigt, dass das Schweizer Volk Vertrauen in die demokratischen Institutionen hat und die rechtsstaatliche Ordnung einer plebiszitären "Volksherrschaft", wie sie der selbsternannten Volkspartei SVP vorschwebt, vorzieht.

Die SVP wollte in der Frage der Abschiebung von Ausländern Parlament und Justiz faktisch entmachten, indem sie einen Deliktskatalog in die Verfassung schreiben wollte, der keinen Spielraum für Einzelfallprüfungen geboten hätte. Dies hätte ein Viertel der Bevölkerung, nämlich die in der Schweiz lebenden Ausländer, zu Bürgern zweiter Klasse mit schlechterem Rechtsschutz gemacht.

Seit Sonntagabend kennt die Schweiz einen neuen Begriff: den "Mutbürger". Die eindrucksvolle Mobilisierung der Zivilgesellschaft, die breite Bewegung von Juristen und Künstlern, Kirchen, Gewerkschaften und Social-Media-Aktivisten hat den "Wutbürgern" Paroli geboten und der SVP eine überraschende Kanterniederlage zugefügt.

Diese neue Bewegung wird auch künftig gefordert sein, plant doch die SVP bereits einen weiteren Angriff auf die Rechtsordnung: Mit der Initiative "Schweizer Recht statt fremde Richter" will sie die Bundesverfassung ausdrücklich über das Völkerrecht stellen – was wohl eine weitere außenpolitische Isolation der Schweiz zur Folge hätte. (Klaus Bonanomi, 29.2.2016)