Wandert die Erde über die Sonnenscheibe, könnten potenzielle Außerirdische aus der Ferne feststellen, dass auf unserem Planeten Leben existiert und uns als lohnendes Ziel für einen Kontaktversuch einstufen.

Illu.: Nasa/Axel Quetz

Jene Systeme, von denen aus ein Erdtransit zu beobachten ist, ordnen sich am Sternenhimmel auf einem schmalen Streifen entlang der Ekliptik an.

Illu.: Axel Quetz (MPIA) / Axel Mellinger, Central Michigan University

Göttingen – Wo stecken sie, sofern sie überhaupt existieren? Seit Jahrzehnten halten Astronomen Ausschau nach Signalen, die auf mögliche Kontaktversuche durch intelligente Außerirdische hindeuten – bislang ohne Erfolg. Nun schlagen deutsche und kanadische Forscher eine neue Methode vor, bei der wir uns gleichsam in die Rolle der Aliens versetzen: Sie regen an, die Suche auf jenen Himmelsbereich zu beschränken, von dem aus der Durchgang der Erde vor der Sonne beobachtet und unsere Existenz am ehesten entdeckt werden kann. Aus diesen Regionen des Alls sei demnach am wahrscheinlichsten mit Nachrichten von ET zu rechnen, so das Argument der Wissenschafter.

Zieht ein Planet zwischen seinem Stern und einem Beobachter vorbei, kommt es zu einer vorübergehenden, minimalen Verdunkelung des Sterns. Dieser sogenannte Transit lässt sich – je nach Größe des Planeten und Empfindlichkeit des verwendeten Instruments – messen. Die Methode hat bei den meisten der mehr als 2.000 bisher bekannten Exoplaneten zu ihrer Entdeckung geführt. Ein verwandtes Verfahren, die Transitspektroskopie, wird es Forschern in Zukunft ermöglichen, die Atmosphären von Exoplaneten auf gasförmige Spuren von Leben zu untersuchen.

René Heller und Ralph E. Pudritz vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen und von der McMaster Universität in Kanada schlagen nun vor, die Position potenzieller Außerirdischer einzunehmen: Angenommen, extraterrestrische Beobachter nutzen den Erdtransit vor der Sonne zur Erforschung unseres Planeten aus der Ferne, aus welchem Bereich am Himmel müssten sie das Sonnensystem dann sehen?

Zwei Tausendstel des Sternenhimmels

Die Studie berücksichtigt zum ersten Mal die nötige Dauer des Erdtransits zur Analyse der irdischen Atmosphäre. Denn nur während eines ausreichend lange andauernden Transits sei eine Charakterisierung unserer Atmosphäre – und somit die Detektion von Leben – möglich. Im ersten Schritt identifizierten Heller und Pudritz jenen Teil des Firmaments, von dem aus gesehen die Erdtransits weniger als einen halben Sonnenradius vom Zentrum der Sonne erscheinen. Die Planetensysteme, von denen aus sich dieser Anblick bietet, befinden sich in einem schmalen Streifen am Himmel, der einer Projektion unserer Sonnenumlaufbahn auf die Sphäre entspricht. Die Fläche dieses Streifens beträgt nur etwa zwei Tausendstel des gesamten Firmaments.

"Der Kern unserer Strategie liegt darin, dass sie den Suchbereich auf einen sehr kleinen Teil des Himmels eingrenzt. So könnten wir bereits innerhalb der Zeitspanne eines Menschenlebens herausfinden, ob es außerirdische Astronomen gibt, die uns sehen können und versuchen, uns zu kontaktieren", sagt Heller. Zudem würde die gezielte Suche eine enorme Reduzierung der zu analysierenden Datenmenge bedeuten.

Nicht jeder Stern ist aber als Heimat für einen bewohnten Planeten gleich gut geeignet. Denn je massereicher eine Sonne ist, desto kürzer existiert sie. Eine lange Lebensdauer wird aber als Voraussetzung für die Entwicklung höheren Lebens betrachtet. Die Forscher erstellten daher eine Liste von Sternen, die sich einerseits im richtigen Bereich des Himmels befinden und andererseits aufgrund ihres langen Lebens besonders gute Aussichten auf Erfolg bieten.

82 Sterne in der engeren Wahl

Das Ergebnis: 82 Sterne erfüllen diese Kriterien. Die Forscher schlagen vor, dass diese fernen Sonnen bei zukünftigen Initiativen zur Suche nach außerirdischer Intelligenz (Search for ExtraTerrestrial Intelligence, SETI) die höchste Priorität erhalten. Allerdings kennen Astronomen bisher nur einen Bruchteil aller Sterne unserer Milchstraße. Je weiter ein Stern entfernt ist, desto schwächer erscheint er uns. Und gerade die kleinen, besonders langlebigen Sterne sind an sich extrem leuchtschwach.

Um abzuschätzen, wie viele Sterne sich über die 82 bekannten hinaus tatsächlich im bevorzugten Bereich des Himmels befinden müssten, projizierten Heller und Ralph Pudritz den betreffenden Himmelsbereich auf ein Modell für die Sterndichte unserer Galaxis. Demnach könnten etwa 100.000 Sterne in Sonnennähe Planeten mit Bewohnern beherbergen, die uns entdeckt haben und versuchen, in Kontakt mit uns zu treten.

Ein Teil dieser Exoplaneten könnte sogar mit der für das Jahr 2024 geplanten PLATO-Weltraummission der europäischen Raumfahrtagentur Esa entdeckt werden, an der auch Heller mitwirkt. PLATO soll die Transitmethode verwenden, um unter anderem erdähnliche Planeten um ferne Sonnen zu finden. "PLATO wird womöglich Transits von extrasolaren Planeten beobachten, von denen aus wiederum die Transits der Erde vor der Sonne sichtbar sind. Damit ergäbe sich die erstaunliche Möglichkeit, dass zwei weit voneinander entfernte intelligente Spezies ihre Planeten gegenseitig mit der Transitmethode erforschen könnten", sagt Heller. (red, 1.3.2016)