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Die deutschen Bundesländer sind der Meinung, dass die NPD die Grundpfeiler der demokratischen Staats- und Rechtsordnung in Deutschland beseitigen will. Sie haben das Verbotsverfahren eingeleitet.

Foto: REUTERS/Wolfgang Rattay

"Die Aktivitäten der NPD führen in bestimmten Gegenden Ostdeutschlands zu einer Beeinträchtigung demokratischer Prozesse. Der NPD gelingt es dort, politisch Andersdenkende durch die Furcht vor Gewalt, Drohungen, sozialer Stigmatisierung oder sonstigen Nachteilen davon abzuhalten, sich gegen Rechtsexremismus zu engagieren."

Das schreibt der Bundesrat in einer Stellungnahme an das Verfassungsgericht in Karlsruhe. Die deutschen Bundesländer haben über die Länderkammer das Verbotsverfahren gegen die NPD eingeleitet, am Dienstag begann die mündliche Verhandlung am Höchstgericht. Dem Verbotsverfahren wird in Deutschland ein so hoher Stellenwert eingeräumt, dass der Auftakt live im Fernsehen übertragen wurde.

Nicht zum ersten Mal

Es ist nicht der erste Versuch, die rechtsextreme Partei verbieten zu lassen. 2003 gab es schon einmal ein Verfahren, damals standen nicht nur der Bundesrat, sondern auch Bundestag und Bundesregierung dahinter. Doch das Verfahren scheiterte krachend, bevor es überhaupt begonnen hatte. Die Richter stellten fest, dass sich in der Führungsebene so viele V-Leute des Verfassungsschutzes befänden, dass das Gericht nicht mehr unbefangen urteilen könne.

Das soll 13 Jahre später, beim zweiten Anlauf, nicht mehr passieren. Alle V-Leute seien abgeschaltet, versichern die Verhandler des Bundesrats. Sie haben dem Gericht eine rund 1000 Seiten starke Dokumentation vorgelegt, mit der sie die Verfassungsfeindlichkeit der Partei belegen wollen.

Migranten als "Fremdkörper"

Im Antrag werden viele Zitate von Funktionären aufgelistet. So heißt es in einer Argumentationshilfe des NPD-Vorstandes über Migranten: "Angehörige anderer Rassen bleiben (...) körperlich, geistig und seelisch immer Fremdkörper." Erklärt wird auch, Europa sei "das Land der weißen Rasse" und habe ein Recht darauf, dies "notfalls mit militärischer Gewalt sicherzustellen".

Doch zum Auftakt ging es noch nicht um das Inhaltliche, sondern um Formalien. NPD-Anwalt Peter Richter warf zwei Richtern – dem ehemaligen saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) und dem ehemaligen thüringischen Innenminister Peter Huber (CDU) – Voreingenommenheit vor. Müller habe 2010 die NPD als verfassungsfeindlich bewertet, Huber sich in seiner Zeit als Minister von 2009 bis 2010 für ein NPD-Verbot ausgesprochen.

Zudem beklagte Richter die Polizei habe zwei NPD-Vorstandsmitglieder aus Nordrhein-Westfalen überwacht. Dies sei im Sommer 2015 passiert, obwohl die Antragsteller (also der Bundesrat) versichert hätten, es gebe überhaupt keine Überwachung mehr.

Richter: "Besondere Herausforderung"

Zuständig für das Verfahren ist der Zweite Senat unter Leitung von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Der erklärte, die Auseinandersetzung stelle für das Gericht "in vielfacher Hinsicht eine besondere Herausforderung dar". So könnten die Richter etwa nicht auf eigene aktuelle Entscheidungen zurückgreifen. Zuletzt wurde in Deutschland 1956 die kommunistische KPD verboten.

Vor zu hohen Erwartungen an das Verfahren gegen die 1964 gegründete NPD warnt der deutsche Justizminister Heiko Maas (SPD): "Über eines sollten wir uns allerdings sehr klar sein: Das Bundesverfassungsgericht wird uns die Aufgabe des Kampfes gegen rechts nicht abnehmen – egal, wie das Verfahren ausgeht." (Birgit Baumann aus Berlin, 2.3.2016)