Ein Modell der "Real Doll" – die Puppen sollen bis Jahresende mit der Cloud verbunden werden.

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Wenn es um neue Technologien geht, ist die Sexbranche immer vorne dabei: Unter den ersten DVDs waren Pornos, das Videostreaming über das Netz etablierte sich auch dank Erotikseiten. Dasselbe gilt nun für den Bereich der Virtual Reality, von dem sich Pornohersteller einen neuen Boom erhoffen. Doch auch auf künstliche Intelligenz hat die Sexbranche ein Auge geworfen. Denn sogenannte Sexpuppen – die für manche Nutzer weit mehr als Sexspielzeuge sind – sollen künftig smarter werden.

Sexpuppe mit fünf Persönlichkeiten

So verspricht die Firma True Companion, dass sich ihre Roxxxy-Puppe mit Nutzern über Fußball, Aktienkurse und andere Themen unterhalten kann. Die kluge Sexpuppe kann fünf verschiedene Persönlichkeiten annehmen, die dann unterschiedlich auf Avancen des menschlichen Gegenübers reagieren. Da gibt es etwa die "frigide Farrah", die als schüchtern beschrieben wird. Oder die "junge Yoko", die "darauf wartet, dass ihr etwas beigebracht wird". So bittet Farrah ihre Besitzer eher, mit ihr "Händchen zu halten"; während andere Varianten sexuell eindeutigere Wünsche haben.

Dirty Talk beherrschen

Der schärfste Konkurrent von True Companions Roxxxy ist Matt McMullen. Er hat mit seiner "Real Doll" bereits vergangenen Sommer für Aufsehen gesorgt, als er eine erste Version der smarten Sexpuppe öffentlich vorstellte. Im Unterschied zu Roxxxy sieht die Real Doll lebensecht aus, bis Jahresende sollen Interaktionen mit ihr über die Cloud ablaufen – aus Datenschutzperspektive ein Albtraum. "Wir wollen ein Wesen entwickeln, mit dem man sich gerne unterhalten will und bei dem man gespannt darauf wartet, was es als nächstes sagt", erklärt McMullen der "Süddeutschen Zeitung". Am wichtigsten sei allerdings, dass sie Dirty Talk beherrsche.

Zielgruppe: Große Bandbreite

Die Zielgruppe für Sexpuppen wächst, da auch die soziale Akzeptanz für derartige Gefährten steigt – zumindest in Schwellenländern wie China, wo sich tausende junge Männer aufgrund sozialer Praktiken wie der Mitgift keine Ehefrau "leisten" können. Ein Beispiel für westliche Nutzer ist beispielsweise David Mills, der von "Vanity Fair" porträtiert worden ist. Er hat zwei unglückliche Ehen hinter sich und gibt an, zwar "Frauen, aber Menschen an sich nicht zu mögen". Die Sexpuppe sei kompatibel mit seiner zurückgezogenen Lebensweise. Real Doll gibt an, dass beispielsweise auch Menschen mit Persönlichkeitsstörungen auf die Sexpuppe zurückgreifen.

Harsche Kritik

Schon 2006 prophezeite der Forscher Henrik Christensen, der in Stockholm forscht und dem European Robotics Network am Royal Institute of Technology vorsteht, dass Menschen "in den nächsten fünf Jahren" Sex mit Robotern haben werden. Zehn Jahre später steht eine massenhafte Verbreitung der Sexpuppen allerdings noch nicht bevor. Tatsächlich regt sich Widerstand gegen die Gefährtinnen. Kritiker befürchten, dass dadurch ein verheerendes Frauenbild verbreitet wird.

Die Forscherin Kathleen Richardson hat eine Kampagne gegen Sexroboter ins Leben gerufen. "Wie diese Roboter aussehen werden, welche Rollen sie spielen – das ist sehr verstörend", sagte Richardson zur BBC. Die Sexpuppen würden Klischees am Leben halten und vor allem das Bild vermitteln, dass Beziehungen vor allem auf Sex beruhen. (fsc, 2.3.2016)